Die übrigen Systeme.
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jedem Wahrgenommenen zu finden und wird dadurch verleitet, den
ersten Fundamentalsatz völlig aufzugeben und das Wahrgenommene
ohne Ausnahme als Schein zu behandeln. Er ist damit genöthigt,
das Seiende hinter diesem Schein, als dessen Ursache, zu suchen und
ein künstliches System von einfachen, raum- und zeitlosen Wesen zu
erfinden, welche durch ihre Störungen und Selbsterhaltungen den
Schein der Erfahrung hervorbringen.
18. fierbart steht deshalb in Bezug auf die. Bedeutung des
Wahrgenommenen Kant ganz gleich. Das Wahrgenommene ist beiden
nur ein Schein und ob das Ding dahinter ganz unbestimmt gelassen
wird, wie Kant thut, oder oh dasselbe dichterisch durch Hypothesen
gestaltet wird, die für die volle Ableitung des Scheines doch nicht
zureichen, wie bei Herbart geschieht, macht keinen wesentlichen Un¬
terschied und reicht nicht zu, um das System Herbart’s als Realis¬
mus dem Idealismus Kant’s entgegenzustellen.
19. Unter allen Wissenschaften ist es nur die moderne Natur¬
wissenschaft, welche seitBaco offen die Prinzipien des Realismus,
wie sie hier in dem ersten Abschnitt dargelegt worden sind, befolgt.
Gerade deshalb ist sie die einzige, welche ihre Schwestern in glän¬
zender Weise überholt hat und zu einem reichen Inhalt gelangt ist,
der allgemein gilt und einen festen Kern bildet, an welchem sich
jede neue Entdeckung und Auffassung bereichernd anschliessen kann;
statt dass früher ein System und eine Hypothese die andere ablöste,
ohne doch der Wahrheit näher zu kommen.
20. Allein trotzdem besteht auch in diesen exakten Naturwissen-
£
schäften noch ein Stück Idealismus, zu dem die Fundamentalsätze
kein Recht geben. Diese Wissenschaften erkennen nemlich nicht'
jedes widerspruchsfreie Wahrgenommene als seiend an, sondern be¬
schränken nach Locke’s Vorgang das Sein auf den Stoff (Atom), »
auf die Kräfte, auf Raum, Zeit, Gestalt und Bewegung; aller übrige
Inhalt des Wahrgenommenen, wie Licht, Farbe, Ton, Wärme, Saures,
Riechendes u. s. w. gilt der modernen Naturwissenschaft nicht als ein
Seiendes, sondern nur als ein Vorstellen, veranlasst durch gewisse
Schwingungen oder Stösse der körperlichen Atome.
21. Diese Hypothese der Schwingungen wird allerdings in ihren
weitern Folgen bei dem Schall ufld bei dem Licht durch die Beob¬
achtung und die damit übereinstimmenden Rechnungen bestätigt Sie
mag deshalb, trotz anderweitcr Bedenken, zu deren Entwicklung hier
kein Raum ist, von der Wissenschaft festgehalten werden; aber sie
giebt noch kein Recht, das Sein der Farben, Töne, Temperaturen
n. s. w. zu leugnen und diese Bestimmungen nur in das Vorsteilcn