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Die allgemeinen ästhetischen Formprinzipien.
dort so zu charakteristischen Bildungen sich verdichtet, zugleich
auch in ihrer ursprünglichen Ungeschiedenheit bestehen bleibt.
Dies wiederum kann heifsen: Sie bleibt mit selbständiger
Bedeutung neben oder aufser den Gliedern; oder sie bleibt
beim Prozesse der Verdichtung, als ein gegen die Glieder neu¬
trales Zwischen „stehen“; oder aber sie durchdringt die
Glieder, derart, dafs die Glieder einerseits zwar heraustreten,
andererseits doch wiederum in der Masse stecken bleiben und
die Masse und die Glieder bestimmend, bezw. umgestaltend
ineinander hineinwirken.
Alle diese Möglichkeiten können wiederum in verschiedener
Weise und in verschiedenen Graden sich verwirklichen. Vor
allem aber ist zu betonen, dafs sie nicht sich ausschliefsende
Gegensätze sind. Sie werden sogar überall in gewissem Grade
gleichzeitig verwirklicht sein. Nur wird die eine oder die andere
jedesmal dominieren, und dem Ganzen sein charakteristisches
Gepräge geben.
Welche dieser Weisen des bedeutsamen Heraustretens der
Masse, d. h. der an sich ungeschiedenen Einheit des Ganzen
aber verwirklicht oder vorzugsweise verwirklicht sein mag, in
jedem Falle besteht ein allgemeines Prinzip des Gleichgewichtes
der „Masse“ und der das Ganze in dieser oder jener Richtung
und Hinsicht verdichtenden, aus der Masse heraustretenden
Elemente. Dies Prinzip schlägt aber angesichts des Ganzen
um in ein Prinzip der Herrschaft der Masse, d. h. der an sich
ungeschiedenen Einheit des Ganzen. Die herrschenden Elemente
herrschen, aber sie ordnen sich, indem sie dies tun, dieser
Einheit unter. Sie müssen in ihrer Herrschaft dienen, nämlich
dem Sinn und Gesetz des Ganzen. Sie dürfen herrschen und
sollen herrschen, soweit sie diesem dienen.
Beispiele.
Bleiben wir aber noch einen Augenblick bei den vorhin be¬
sonders herausgehobenen Möglichkeiten. Erstens: — Die „Masse“,
d. h. die ungeschiedene Einheit des Ganzen oder das Ganze
als ungeschiedene Einheit, sein ungeschiedenes Grundwesen,