Erstes Kapitel: Qualitäten des Lustgefühls.
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Dies Quantitätsgefühi oder Gröfsengefühl hat unendlich viele
Grade. Zugleich aber schliefst es einen Gegensatz in sich. Es
gibt innerhalb des Kontinuums der Quantitätsgefühle den Gegen¬
satz des Grofsen und des Kleinen, der dem Gegensatz der Lust-
und Unlust vergleichbar ist. Das „Grofse“ ist das über eine
Mitte flinausragende; das „Kleine“ ist das dahinter Zurück¬
bleibende. Diese Mitte ist ein relativer Indifferenzpunkt, ver¬
gleichbar dem Indifferenzpunkt zwischen Lust und Unlust. Was
ihm angehört, hat freilich einen Grad der Quantität, aber es ist
weder „grofs“ noch „klein“. — Damit hat sich also die Dreiheit:
Lust, Unlust, Quantität in einen doppelten Gegensatz ver¬
wandelt.
Beziehung des Lust- und Quantitätsgefühls.
Die einfache Gegenüberstellung der beiden Gefühlsgegen¬
sätze „Lust und Unlust“ und „Grofs und Klein“ genügt nun
aber nicht.
Zuerst ist zu beachten, dafs dieselben sich durchkreuzen,
dafs aber zugleich die Glieder des einen zu den Gliedern des
anderen Gegensatzes in Abhängigkeitsbeziehung stehen.
Dafs es so ist, sahen wir schon vorhin. Wird ein ange¬
nehmer Klang lauter, dann wächst das Lustgefühl, und mit ihm
zugleich das Quantitätsgefühl. Oder vielmehr umgekehrt, das
Lustgefühl wächst mit dem Quantitätsgefühl. Aber nicht endlos.
Sondern, wenn die Lautheit und damit das Quantitätsgefühl
weiter und weiter wächst, so nimmt das Lustgefühl ab und
schlägt in ein Unlustgefühl um; und von jetzt an wächst mit
dem Quantitätsgefühl zugleich das Unlustgefühl.
Wie man sieht, liegt aber eine solche Abhängigkeit schon
ausgesprochen in der Bezeichnung des Quantitätsgefühls als eines
Grundgefühls für Lust und Unlust. Es ist ein Grundgefühl
dieser Gefühle oder dieser Gefühlsfärbungen, so etwa wie die
Empfindung der Helligkeit die Grundempfindung ist für alle
Farben. Rot ohne Helligkeit, also absolut dunkles Rot, ist
nicht mehr Rot. Das Rot kann heraustreten und immer röter
werden, nur indem es zugleich immer heller wird. Die Heilig-