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Farbe, Ton and Wort.
geurteilt wird, sondern es ist mir das Urteil in dem Satze
gegeben; ich „höre“ es, indem ich den Satz höre. Ich urteile
in und mit dem Sprechenden.
Mit anderen Worten, das Verständnis der Sprache ist
nicht Vorstellen, Wissen, Glauben. Es ist kurz gesagt, in
keiner Weise ein intellektueller Akt, sondern es ist — Ein¬
fühlung. „Einfühlung“ ist ja das unmittelbare Erleben eines
inneren Verhaltens oder Tuns in einem Objektiven, mir von
aufsen Gegebenen. Es ist Objektivierung meiner selbst. Und
eine solche liegt hier vor. Ich erlebe, was ich nicht sehen
noch hören, sondern nur als mein eigenes Tun finden kann,
in gehörten Worten.
Auch hier ergibt sich das Intellektuelle freilich nachträglich.
Es ergibt sich eben aus der Einfühlung. Es ist also ein
Sekundäres. Es löst sich aus der Einfühlung heraus. Auf
diefsen Prozefs braucht indessen hier nicht von neuem einge¬
gangen zu werden. Ich verweise dafür auf S. 125 ff.
Ich füge noch hinzu: Wie in dem Satz, der ein Urteil aus¬
spricht, für mich das Urteil liegt, d. h., wie ich im Hören des
Satzes selbst entsprechend urteile, so liegt für mich im
sprachlichen Ausdruck des Wollens unmittelbar das Wollen.
Ich stelle mir nicht blofs vor, dafs der Sprechende will, sondern
ich erlebe eben dieses Wollen. Ich mache es innerlich mit.
Dieses Mitmachen oder diese Einfühlung ist aber freilich
nicht notwendig positive Einfühlung. Sie ist dies, wenn in mir
kein Wiederspruch sich regt, wenn ich also von mir aus so
urteilen bezw. wollen kann. Sie ist im Gegenfalle blofse Ten¬
denz des Mitmachens, oder ist eine Nötigung des Mitmachens,
der ich mich widersetze. Und jemehr ich mich widersetze, desto
mehr ist die Einfühlung negative; eine fühlbare Negation meiner
selbst. Immer bleibt doch die Nötigung. Jedes gehörte Urteil
und jede Kundgabe eines Willens schliefst die Nötigung zum
entsprechenden Urteilen und Wollen in sich, oder hat „sug¬
gestive“ Kraft. Ich unterliege der „Suggestion“ widerstandslos,
wenn mir, etwa in der Hypnose, die Fähigkeit des Widerstandes
verloren gegangen ist.
Den bezeichneten Sachverhalt können wir schliefsüch auch