Volltext: Ästhetik. Psychologie des Schönen und der Kunst. Erster Teil: Grundlegung der Ästhetik (3)

Fünftes Kapitel: Formen der rhythmischen Bewegung. 
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und schliefst eine Spannung in sich. Es ist eine Tendenz, 
sich im Gegensatz zum Vorangehenden oder zu den Vor- 
stellungs- und Denkgewohnheiten zu behaupten. 
Die beiden Arten des Strebens und der Spannung, die 
hier unterschieden wurden, lassen sich kurz so bezeichnen: Das 
eine Mal ist das Streben ein relatives, nämlich auf den Fort¬ 
gang der Bewegung bezügliches, das andere Mal ist es ein 
absolutes. Statt absolutes Streben könnte ich auch sagen „im¬ 
manentes“ Streben. 
Jenes Streben nach Fortgang der Bewegung, oder jenes 
„relative“ Streben hat naturgemäfs eine umso gröfsere Flöhe, 
oder schlierst eine umso gröfsere Spannung in sich, je ferner 
das Ziel noch ist, oder je weniger die Erreichung desselben 
begonnen hat, also bereits eine teilweise Befriedigung ein¬ 
getreten ist. Das Streben der zweiten Art oder das absolute 
Streben ist umso stärker, je eindringlicher der Wunsch, der 
Befehl, die Frage, bezw. je mehr durch den Sinn des Ganzen 
die logische oder apperzeptive Antithese gefordert ist. 
Welcher Art nun aber das Streben sein mag, ob der ersten 
oder der zweiten Art, in jedem Falle schliefst es eine seiner 
Höhe entsprechende Tendenz der Steigerung der Tonhöhe in 
sich. Dies ist eine aus der Sprache des gewöhnlichen Lebens 
jedermann geläufige Tatsache. Es verhält sich aber nicht 
anders beim künstlerischen Rhythmus der Poesie. 
Betonung und Höhe in Wechselwirkung. 
Die beiden Gegensätze der stärkeren oder minder starken 
Betonung einerseits, und des Strebens und des strebungslosen 
Verharrens oder Fortgehens, der Spannung und des Mangels 
der Spannung oder der Lösung, andererseits, wurden als 
durchaus von einander verschieden bezeichnet. Aber beide 
treten nun zu einander in Wechselwirkung. Und daraus ge¬ 
winnt zunächst die Betonung einen mehrfach verschiedenen 
Sinn. 
Die erste Möglichkeit ist diese: Die Betonung ist Trägerin 
eines „absoluten“ oder „immanenten“ Strebens; also des
	        
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