Weiteres zur »Einfühlung«.
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die hinsichtlich ihres Gegenstandes, oder durch denselben
qualitativ bestimmte Auffassungstätigkeit, einem Bedürfnis des auf¬
fassenden Ich gemäß ist.
Neben dieser einfach auffassenden Tätigkeit gibt es aber noch
eine andere Tätigkeit; eine Tätigkeit höherer Stufe.
Jene Tätigkeit des Erfassens ist eine rezeptive Tätigkeit; oder
war lediglich als solche gemeint. Sie ist die einfache Erfüllung
der Forderung des zufällig sich mir darbietenden Gegenstandes,
für mich Gegenstand zu sein. In dieser Tätigkeit bin ich also
gegenständlich bestimmt und zugleich an den zufälligen Umstand,
daß jetzt dieser, jetzt jener Gegenstand sich mir zur Erfassung
darbietet, gebunden.
Dagegen ist die Tätigkeit der höheren Stufe, etwa die Willens¬
tätigkeit im engeren Sinne, spontane Tätigkeit. Jede eigentliche
»spontane« Tätigkeit aber ist wählende Tätigkeit. Sie ist »frei«
in diesem Sinne: zu ihr oder in ihr bestimme ich mich selbst
und fühle mich als mich selbst bestimmend.
Beide Arten der Tätigkeit nun können lustgefärbt oder unlust¬
gefärbt sein. Die erstere, die Tätigkeit des einfachen Erfassens
eines Gegenstandes, weil ein solcher »zufällig« sich zur Erfassung
darbietet, ist wie gesagt das eine oder das andere, je nachdem die
Erfassung eines solchen Gegenstandes eine meinem natürlichen
Bedürfnis gemäße ist. Hier bestimmt also die Natur des Gegen¬
standes, der erfaßt werden soll, und der Umstand, daß ein so ge¬
arteter Gegenstand sich mir jetzt eben zur Auffassung darbietet,
die Lust oder Unlustfärbung der Tätigkeit.
Dagegen ist die Lust- oder Unlustfärbung der freien oder spon¬
tanen Tätigkeit bestimmt durch die Art, wie die Tätigkeit in sich
selbst geartet ist, ob überhaupt und wie ich irgendwelchen Gegen¬
ständen gegenüber tätig bin und mich tätig fühle.
Dies läßt sich genauer bestimmen. Die fragliche höhere oder
eigentlich »spontane« Tätigkeit ist lustvoll in dem Maße, als sie
Tätigkeit, nämlich positive Tätigkeit ist. D. h. lustgefärbt ist
die kraftvolle, die vielseitige, oder die reiche und weite, und die
in sich selbst einstimmige Tätigkeit, welches auch immer die
Gegenstände dieser Tätigkeit sein mögen. Alle Schwäche, Enge
oder Armut, jede Gegensätzlichkeit der Tätigkeit in sich selbst ist
ja Negation der »Tätigkeit«.
Und diesem Gegensatz nun entspricht eine entgegengesetzte
Archiv für Psychologie. IV. 33