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Zweites Kapitel.
dürfen, dass schon der unmittelbare Anblick der Be¬
wegung oder Haltung von einem mehr oder weniger
kräftigen Nachahmungsimpuls begleitet war, von einem
Stadium der Einstellung oder Adjustierung, wodurch
die spätere, äusserlich sichtbare, durch kein Erinne¬
rungsbild geleitete Bewegung ermöglicht wurde.
Man sieht es manchmal dem Kinde, das auf ein Wort
aufmerksam geworden ist, sehr deutlich an, wie es
mit dieser innerlichen Einstellung beschäftigt ist.
Solche motorische Einstellungen werden wir auch da,
wo es sich um aufmerksam betrachtete optische For¬
men der geschilderten Art handelt, mit Sicherheit vor¬
aussetzen dürfen. Ertappen wir Erwachsenen uns doch
ebenfalls häufig genug auf ähnlichen körperlichen An¬
passungen; bei dem Kind, wo wir die Resultate des
Nachahmungstriebes in unzähligen Zügen erkennen,
werden diese Vorgänge von viel umfassenderer Be¬
deutung sein. Ja, da es sich, wie gesagt, in der Hegel
um ein erst später eintretendes, unwillkürliches und
unreflektiertes Nachahmen handelt, wobei die äusser¬
lich sichtbare Kopie kaum jemals durch ein Erinne¬
rungsbild veranlasst wird, so müssen wir, wie ich
glaube, fast überall das Vorhandensein von imitato¬
rischen Einstellungen voraussetzen, die sich unmittel¬
bar an den Eindruck des Objekts anschliessen
und dann unter Umständen erst bedeutend später
zur vollkommenen, äusseren Verwirklichung gelangen.
Auf andere Weise kann, solange das Erinnerungsbild
fehlt, der Konnex zwischen Original und Kopie nicht
hergestellt werden.