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Schloss.
halten, da mir das Büd von der „Enge“ hierfür nicht
genügt, oder besser gesagt, da mir ein Auseinander-
halten beider Eigentümlichkeiten geboten scheint.
Diese monarchische Einrichtung des Bewusst¬
seins ist nun bei der Mannigfaltigkeit des ästhe¬
tisch G-eniessbaren von grosser Bedeutung. Külpe
hat das in seinem Aufsatz „über den associativen
Faktor“ treffend ausgeführt. „Da es sich nun“, sagt
er, „bei den gefallenden oder missfallenden Objekten
in der Natur und in der Kunst regelmässig um eine
Vielheit von Bestandteilen handelt, so ist es als ein
Grundgesetz ihrer ästhetischen Wirkung zu bezeichnen,
dass das Interesse an ihnen ein einheitliches sei.“ „Eine
solche Einheit ist ... . aber nur in der Form ohne
Schaden für die Energie des ästhetischen Verhaltens
möglich, dass alle Bestandteile einem einzigen Inter¬
esse, dem Hauptinteresse, im letzten Grunde dienen.“
Die künstlerische Darstellung bedeutet der Natur gegen¬
über immer eine Erleichterung unserer Konzentration
auf dasjenige, was dem Künstler vorherrschend als
wertvoll erschienen ist.
Eben hieraus erklärt sich aber die ausserordent¬
liche Mannigfaltigkeit der ästhetischen Genüsse; denn
jede Wirkungsmöglichkeit wird bei der geschilderten
Eigentümlichkeit unseres Bewusstseins ein besonderes
Gebiet erobern wollen, in dem sie die Monarchin ist.
Man kann daher zunächst die thatsächliche Vielheit
der Künste mit den Bedingungen der Aufmerk¬
samkeit in Zusammenhang bringen (vgl. meine „Ein¬
leitung“, S. 34 f.), obwohl die Entstehung dieser Viel-