Das ästhetische Urteil.
139
Weise ein Wertvolles erreicht werden kann und welche
Fehler man dabei vermeiden muss, darf er auch die
<►
Forderungen stellen, die sich aus seinen Untersuchungen
— Weiter möchte ich hier die Streitfrage nicht
i. Eine eindringendere Untersuchung hätte
sich vor allem damit zu beschäftigen, wie die un-
bezweifelbare Thatsache wirkt, dass die Psychologie
genau genommen nicht angeben kann, warum wir
innerlich berechtigt sind, etwas zu fordern, sondern
nur, warum wir uns dazu für berechtigt halten und
fühlen müssen. Nach meiner Meinung muss sich die
empirische Wissenschaft mit dem letzteren begnügen,
da das innerliche Berechtigt sein entweder gar nicht
oder doch nur metaphysisch begründet werden kann.
Die Untersuchung der Werturteile wurde in dem
letzten Jahrzehnt besonders durch die Arbeiten von
Meinong und Ehrenfels, zu denen neuerdings die
ausgezeichnete Abhandlung von Reischle über „Wert¬
urteile und G-laubensurteile“ (Halle, 1900) gekommen
ist, mächtig gefördert. Für meine Zwecke werden
die folgenden Feststellungen genügen. Jedes Neu¬
urteil „hat“ Wert, sofern es in der früher geschil¬
derten Weise eine intellektuelle Besitzerweiterung be¬
deutet. Viele Urteile „haben“ Wert, sofern ihr Inhalt
-♦
mit Lust verknüpft ist. Werturteile sind dagegen
nur solche Erkenntnisakte, die einen Werth „kon¬
statieren“. — Haben wir so die Werturteile von
anderen Urteilen unterschieden, so dürfen wir sie
zweitens auch nicht mit der blossen Werthaltung
verwechseln; denn da für uns ein Urteil in der be-