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Das Schöne.
wie bei dem „laufenden Hund" und dem Mäander; es findet
also dabei allerdings durch die innere Nachahmung eine
Bewegung statt, die mit der accentuirten Bewegung der
Töne einige Analogie besitzt. Aber die ganze Kraft des
Accents tritt hier doch nicht entfernt mit ähnlicher sinnlicher
Stärke hervor wie bei objectiv bewegten Formen. Es fehlt,
solange es sich noch nicht um die volle ästhetische An¬
schauung handelt, die eigentliche Wucht der Betonung. Erst
wenn im entfalteten Spiel der ästhetischen Anschauung die
idealen Gefühle hinzutreten, entwickelt sich auch bei
objectiv ruhenden Formen eine stärkere Accentuirung; diese
Verstärkung gehört aber dem sinnlich Angenehmen nicht
an. Trotzdem ist nach meiner Meinung auch bei dem sinn¬
lich angenehmen Rhythmus objectiv ruhender Formen das
Moment der Betonung nicht zu vergessen; es drängt sich
*
zwar, wie ich am Beispiel des Ornamentes zeigte, nicht
sehr stark hervor, aber es ist dennoch vorhanden. Manche
denken, wenn sie von dem Rhythmus in der Architektur,
Malerei und Plastik sprechen, nur an das allgemeine
Flüssigwerden ruhender Formen, das sich aus der
inneren Nachahmung erklärt *). „Die bildenden Künste",
sagt Vischer, „stellen zwar ein ruhendes Bild vor das Auge,
allein wie in der Natur selbst die Gestalt nicht von Ewig¬
keit da war, sondern sich werdend baut, wie der Künstler
sein räumliches Werk aus dem Nichts erst heraufführt, so
*) Vgl. Schaslers Aesthetik, I. S. 112.