Die Lust an der inneren Nachahmung. 179
Vorstellung der Sache, Einschränkung nennen, das nenne
ich nach der meinen Erweiterung. Ich würde also viel¬
mehr gerade umgekehrt sagen : mit dem Angenehmen,
mit dem Guten, mit dem Vollkommenen ist es dem Men¬
schen nur ernst; aber mit der Schönheit spielt er. . . .
Denn, um es endlich auf Einmal herauszusagen, der Mensch
spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch
ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt. . . .
Dieser (zunächst paradox klingende) Satz ist auch nur in
der Wissenschaft unerwartet : längst schon lebte und wirkte
er in der Kunst und in dem Gefühle der Griechen, ihrer vor¬
nehmsten Meister; nur, dafs sie in den Olympus versetzten,
was auf der Erde sollte ausgeführt werden. Von der
Wahrheit desselben geleitet, liefsen sie sowohl den Ernst
und die Arbeit, welche die Wangen der Sterblichen furchen,
als die nichtige Lust, die das leere Angesicht glättet, aus
der Stirne der seligen Götter verschwinden, gaben die Ewig¬
zufriedenen von den Fesseln jedes Zweckes, jeder Pflicht,
jeder Sorge frei und machten den Müfsiggang und die
Gleichgültigkeit zum beneideten Loose des Götterstandes :
ein blofs menschlicherer Name für das freieste und er¬
habenste Sein“*). — Und welch ein edles Spiel ist z. B.
gerade die innere Nachahmung einer grofsen Tragödie!
Es ist ein inneres Spiel, welches uns aus all den Halbheiten,
den kleinen Sorgen, den ängstlichen Umwegen und Schwan-
*) „Leber die ästhetische Erziehung des Menschen“, 15. Brief.
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