178 Die Lust an der inneren Nachahmung.
schauenden Subjects spricht, sondern von einem Spiel, wel¬
ches zwischen den beiden „Vorstellungskräften“, zwischen
der Einbildungskraft und dem Verstand stattfindet. Dadurch
verfällt er der mythologischen Vermögenstheorie, welche die
einzelnen Richtungen der Bewufstseinsthätigkeit wie selb¬
ständige Persönlichkeiten gegen einander auftreten läfst. In
diesem Punkte mufs ich daher von Kant abweichen. Nicht
die verschiedenen Vermögen des Bewufstseins spielen mit
oder gegen einander, sondern das ganze, ungetheilte Be-
wufstsein ist in einer spielenden Thätigkeit begriffen, indem
es innerlich nachahmt.
Die Lust an der inneren Nachahmung ist also eine Be¬
friedigung des Spieltriebes, dieses uns so tief eingewur¬
zelten Bedürfnisses, welches uns über die Welt des realen
Geschehens in eine geistige, selbstgeschaffene Welt idealen
Geschehens erhebt und den Menschen, wie Schiller sagt,
erst eigentlich zum Menschen macht. Die hohe Bedeutung
des Spieles läfst sich nicht besser schildern, als es dieser
Dichter-Philosoph gethan hat, der die wärmste Empfindung
mit der schneidendsten Verstandesschärfe zu vereinigen
weifs. „Wird aber, möchten Sie längst schon versucht
gewesen sein mir entgegenzusetzen, wird nicht das Schöne
dadurch, dafs man es zum blofsen Spiel macht, erniedrigt
und den frivolen Gegenständen gleichgestellt, die von jeher
im Besitz dieses Namens waren? Widerspricht es nicht
dem Vernunftbegriff und der Würde der Schönheit, die doch
als ein Instrument der Cultur betrachtet wird, sie auf ein
blofses Spiel einzuschränken? .... Was Sie, nach Ihrer