367
Bogen einen Strom iudmer in derselben Richtung entwickelt. Auch der elec-
trotonische Zustand kann sich nur ausbilden, so lange die Nerven ihre Reiz¬
barkeit bewahren, und seine Ausbreitung wird durch alle Umstände, welche
die Fortleitung der Reize hindern, z. B. durch Unterbindung gehemmt. Die
Möglichkeit dieses Zustandes ist.also eine Eigenschaft, die nur den leben¬
digen Nerven zukommt. So lange die electrischen Schläge nicht zu heftig
sind und zu schnell vorübergehen, ist die Stärke des electrotonischen Zu¬
standes der jederzeitigen Stromstärke proportional, und er kann, wie aus ei¬
nem später zu beschreibenden Versuche folgt, innerhalb einer Secunde mehr
als hundertmal seine Richtung wechseln, wenn es der erregende Strom thut-
Er ist übrigens in der nächsten Nachbarschaft der durchströmten Nervenstelle
stärker, als an entfernteren Stellen, und auf der Seite des Nerven, wo er den
Nervenstrom verstärkt, etwas stärker, als auf der entgegengesetzten auch an
solchen Stellen des natürlichen Längsschnitts, die keinen Nervenstrom in den
Multiplicator hinein abgeben. Will man den electrotonischen Zustand ohne
Einmischung des normalen Nervenstroms untersuchen, so braucht man den
Nerven nur mit zwei symmetrischen Theilen seines Längsschnitts auf die Bäusche
zu legen, so dass er im Multiplicator keinen Strom erregt. Dann sind die bei
Durohströmung eines der äusseren Enden des Nerven erscheinenden Ströme
nur Wirkungen des electrotonischen Zustandes. Man muss sich dabei natür¬
lich dagegen sichern, dass kein Theil des Stromes, den man zur Erregung
des electrotonischen Zustandes gebraucht, sich in den Multiplicator hinein ab-
zweige. Die Mittel, das zu verhüten und zu controlliren, sind von du Bois
angegeben ; sie hier zu besprechen, würde uns zu sehr in das Einzelne führen.
Auch im Muskel hat du Bois einen electrotonischen Zustand gefunden,
doch die Einzelheiten seiner Untersuchung darüber noch nicht veröffentlicht.
Er giebt an, dass sich derselbe nicht wie heim Nerven über die durchströmte
Strecke hinaus verbreite, wohl aber in dieser selbst auch noch nach der
Durchströmung anhalte, so dass man ihn nach Entfernung des erregenden
Batteriestromes hier nachweisen könne. Die besprochenen Erscheinungen sind
uns vorläufig wichtig, wegen der Folgerungen, welche wir daraus auf die Zu¬
sammensetzung der kleinsten wirksamen Theiie zu ziehen haben. Wir sahen
oben, dass die electromotorischen Gegensätze des normalen Muskel- und Ner-
venstromes sich innerhalb der Fasern vorfinden müssten, und die wahrschein¬
lichste Annahme erschien, dass sie äusserst kleinen beweglichen Theilen des
Inhalts der Fasern zukämen, electromotorischen Molekeln, welche nach Ana¬
logie des ganzen Muskels negative Pole und eine positive Aequatorialzone
hätten. Versuchen wir aber die Ströme des eleclrotonischen Zustands auf die
Wirkung der kleinsten Th'eile des Muskels zurückzuführen, so müssen wir
Theilchen annehmen mit einem positiven und einem negativen Pole, die im
ganzen Muskel gleichinässig gerichtet sind. Im Gegensätze zu der ersteren
Art der Molekeln, den peripolaren Electromotoren des Muskelstroms, bezeich¬
net du Bois die zweiten des electrotonischen Zustandes als dipolare, upd
47 *