Saitenmensuren.
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gleich dem der vier anderen Saiten zusammen genommen ist,
so wird jede der vier Saiten, sobald alle fünf Saiten unter
gleicher Spannung stehen, doppelt so viele Schwingungen
machen, als die vierfach schwerere Saite; der Durchmesser dieser
Saite verhält sich zu dem der dünnen Saiten wie 2:1. Hier¬
nach nehmen die Schwingungen in dem Verhältnis ab, wie sich
der Durchmesser der Saite erweitert, dieses Verhältnis aber
steigt zu einem quadratischen, sobald wir anstatt des Durch¬
messers der Saite ihr Gewicht zum Umfange der Saite in Be¬
rechnung bringen. Es ist hierbei selbstverständlich, daß die
Saiten von einer Materie genommen sein müssen und nicht
eine Saite z. B. aus Stahl und eine andere aus Messing besteht.
Das Gewicht der Saite erniedrigt ihre Schwingungen und
zwar so:
Da die doppelte Länge einer Saite auch das doppelte
Gewicht der einfachen Länge hat und die Schwingungen hierbei
um das Doppelte erniedrigt werden, so ist das Verhältnis des
Gewichts in der Länge der Saite gerechnet, zu der Abnahme
der Schwingungen ein gleiches zu nennen, wird hingegen die
Gewichtsmasse im Umfange der Saite gerechnet, so ist das
Verhältnis ein quadratisches, denn nicht die zweifache, sondern
die vierfache Gewichtsmasse erniedrigt die Schwingungen um
die Hälfte. Also das Verhältnis der Gewichtsmasse in der
Länge der Saite ist ein gleiches umgekehrtes zu der Anzahl
der Schwingungen dieser Saite und das Verhältnis der Gewichts¬
masse in dem Umfange der Saite ist ein quadratisches um¬
gekehrtes zu der Anzahl der Schwingungen. Hieraus entwickeln
sich dem Anscheine nach zwei sich gegenüberstehende wider¬
sprechende Gesetze, erstens, das Mehrgewicht in der Länge der
Saite macht dieses biegsamer und verringert ihre Schwingungen
und zweitens, das Mehrgewicht im Umfange der Saite macht
diese steifer und verringert dabei auch ihre Schwingungen.
Dieser Widerspruch klärt sich folgendermaßen auf:
Es kommt bei obiger Darlegung zunächst in Betracht, daß
die Gewichtszunahme der Saite in beiden Fällen lähmend auf
die Federkraft einwirkt, denn die Federkraft hat die Gewichts¬
masse sozusagen zu tragen. Spannen wir z. B. ein Brett in
horizontaler Lage an einem Ende fest, so daß das andere Ende