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„Welche Erleichterung muß es gewähren, wenn man ein¬
fach sagen kann, eine in Betracht gezogene Tatsache A
verhalte sich in vielen oder allen Stücken wie eine bereits
bekannte Tatsache B. Statt eines einzelnen Zuges von
Aehnlichkeit tritt uns ein ganzes System von Zügen, eine
wohlbekannte Physiognomie entgegen, durch welche die
neue Tatsache uns plötzlich zu einer wohl vertrauten wird.
Ja die Idee kann mehr bieten, als wir in der neuen Tat¬
sache augenblicklich noch sehen, sie kann dieselbe erwei¬
tern und bereichern mit Zügen, welche erst zu suchen wir
veranlaßt werden und die sich oft wirklich finden. Diese
Rapidität der Wissenserweiterung ist es, welche der Theo¬
rie einen quantitativen Vorzug vor der einfachen Beob¬
achtung gibt“.1) Andererseits liegt aber gerade darin,
daß zwei Gruppen von Tatsachen als im Wesen identisch
ausgesprochen werden, während sie nachweislich nur in
Analogie stehen, auch eine Gefahr. So heißt es bei
Mach: „Außer den Elementen, welche zur Darstellung der
Tatsache, aus der eine Hypothese geschöpft ist, unerlä߬
lich sind, enthält dieselbe immer oder doch gewöhnlich
noch andere, die zu dieser Darstellung nicht notwendig
sind. Denn die Hypothese wird nach einer Analogie ge¬
bildet, deren Aehnlichkeits- und Differenzpunkte unvoll¬
ständig bekant sind, da ja sonst nichts mehr daran zu er¬
forschen wäre. Die Lichtlehre spricht z. B. von Wellen,
während nur die Periodizität zum Verständnis der Tat¬
sachen notwendig ist. Diese über die Notwendigkeit hin¬
ausgehenden accessorischen Elemente sind es, welche in
der Wechselwirkung von Denken und Erfahrung von der
1) P. V. 267 ff. Neben diesem heuristischen Werte hat die
Hypothese, wie oben erwähnt, auch den Vorzug der Einheitlichkeit
in der Darstellung. „Darin, daß diese Vorstellung alle nach und nach
durch mühsame Beobachtung gefundenen Tatsachen anschaulich und
wie von selbst reproduziert, liegt ihr Vorteil und ihr wissenschaft¬
licher Wert“, heißt es P. V. 141. Vgl. zu beiden Funktionen auch:
P. V. 138; E. u. J. 223 ff., 229—247; W. L. 123, 318. Speziell mecha¬
nische Bilderhypothesen bieten den Vorteil, daß sie sehr geläufige
und theoretisch bereits gut durchgearbeitete Vorstellungen heran¬
ziehen. P. V. 187, 203; M. 552; W. L. 316 f.