276 Das morphologische Grundgesetz.
romantie. Dieselbe steht auf gleicher Linie mit der
Astrologie und Alchemie. So wie letztere aus dem
Dunkel einer mit empirischen Fragmenten vermengten
geheimnisskrämerischen Speculation imponirend als Wissen¬
schaften ersten Ranges ins Lehen traten, so auch entpuppt
sich nunmehr in Uebereinstimmung mit unserer Auffassung
die Lineamentenschau der Hand, die Chiromantie, freilich
erst spät, als „Lehre von den Proportionen des menschlichen
Körpers“; ein neuer Beweis, dass die Wissenschaften nicht
immer auf Richtwegen sich bewegen, sondern auch auf
den gewundenen Pfaden einer nur langsam aus den Ban¬
den des Aberglaubens sich befreienden Ahnung von or¬
ganischen Grundgesetzen zur Reife gedeihen.
Die Chiromantie stand von jeher in weit geringerem
Ansehen als ihre Schwestern, von denen die eine des
Menschen Geschick von kosmischen, die andere von tel-
lurischen Einflüssen bestimmt sein liess, während sie es
unmittelbar in den Menschen selbst, ja in seine Hand, in
dieses Symbol zurechnungsfähigen Handelns, verlegte. Im¬
merhin hatte sie den Vorzug einer dunklen Ahnung da¬
von, dass das Schicksal des Menschen seinem „Leib und
Leben“ verwachsen ist, als dessen constituirende Macht
das organische Grundgesetz sich nicht mehr verleugnen
lässt.
Das Dichterwort: „In deiner Brust sind deines
Schicksals Sterne“ ist hiermit einer neuen zusätzlichen
Deutung offen.
Noch erübrigt die Andeutung, dass die Fünfzahl nicht
nur in der vom Rumpf ausgehenden Gliederung vertreten
ist, sondern dass sie sich auch an jeder einzelnen Extre¬
mität gleichmässig wiederholt.
Was die fünf Finger an Arm und Hand, die fünf