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AUGENMAASS IM INDIRECTEN SEHEN.
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sichtlichkeit wegen haben darstellen müssen. Im Wesentlichen wird dadurch
nichts geändert.
Wir haben im Anfänge dieses Paragraphen auseinandergesetzt, wie unter
Hilfe der Bewegungen des Auges zunächst ermittelt werden kann, in welcher
Reihenfolge die Objecte und die durch besondere Local ze kl ten charakterisirten
ihnen entsprechenden Netzhautpunkte in der Fläche jene des Gesichtsfeldes, diese
der Netzhaut geordnet sind. Es blieb nur noch übrig, die Entstehung der be¬
stimmten Grössenverhältnisse zu erörtern.
Wir haben dann gesehen, wie die Kenntniss gewisser Linien im Blickfelde,
die in allen ihren Theilen übereinstimmende Richtung haben, und als in sich
selbst verschiebbar wahrzunehmen sind, der Richtlinien, durch das ausge¬
bildete Bewegungsgesetz der Augen gewonnen werden kann.
Wenn wir nun irgend ein Object im indirecten Sehen wahrnehmen, von
ihm also einen begrenzten Eindruck auf einen seitlichen Theil der Netzhaut
erhalten haben, und dann den Blick jenem Objecte zuwenden, so erhalten wir
hinterher einen Eindruck desselben Objects mit seiner gleichen scheinbaren
Grösse auch auf dem Centrum der Netzhaut, und können also aus Erfahrung
allroälig lernen, welchem centralen Eindrücke ein gewisser peripherischer in
Qualität und Grösse gleich gilt. Dadurch ist die Möglichkeit gegeben, auch
mittels des indirecten Sehens, soweit dessen Genauigkeit ausreicht, Objecte
ihrer Form und scheinbaren Grösse nach beurtheilen zu lernen.
Neben der Grösse und Form wird aber auch eine Vergleichung der Richtung
des erst indirect und dann direct gesehenen Objectes mit dem zuerst direct
gesehenen eintreten, es wird wahrgenommen werden, welche Linien beider
Objecte sich auf denselben Meridianen der Netzhaut ahbilden. Diese Vergleichung
der Lage wird allerdings etwas verschieden ausfallen müssen, je nachdem wir
von der Primärstellung oder von einer Secundärstellung des -Blicks ausgehen,
obgleich das für normalsichtige Augen geltende LisTiNG’sche Gesetz die Summe
dieser Verschiedenheiten so klein als möglich macht. Im Mittel aller Fälle aber
wird die Vergleichung so ausfallen, als wäre das erste Object in der mittleren
Stellung, das heisst in der Primärstellung fixirt worden. Ausserdem ist schon
früher hervorgehoben worden, dass die Primärstellung als die bequemste und
zur Orientirung vortheilhafteste am meisten vom Auge eingenommen wird, und
dass wir Bewegungen, welche mit Drehung um die Blicklinie verbunden sind,
zu vermeiden suchen. So werden wir also durch Erfahrung kennen lernen
können, welche Richtungen in den Seitentheilen des Sehfeldes übereinstimmen,
mit den durch den Fixationspunkt gezogenen Linien, und diese Uebereinstimmung
wird sich als Regel so feststellen, wie sie stattfindet, wenn der Fixationspunkt
auch Hauptblickpunkt ist, das heisst sämmtliche Linienelemente ein und
derselben Richtlinie werden im Sehfelde übereinstimmende Rich¬
tung zu haben scheinen, und sämmtliche Richtlinien, die im Occi-
pitalpunkt einen und denselben Meridian des Sehfeldes tangiren,
werden übereinstimmende Richtung haben.
Nun tritt aber diese Bestimmung der Linien von übereinstimmender Richtung
in Widerspruch mit den Bestimmungen der scheinbaren Grösse, welche bei