516
DRITTER ABSCHNITT. DIE LEHRE VON DEN GESICHTSWAHRNEHMUNGEN.
§• 27.
Diese Ausdrücke gebe» also die Drehungen, wenn man bei den Versuchen
nicht von der Primärstellung, sondern von einer anderen Stellung des Auges aus-
„eht Ist die ursprüngliche Abweichung r klein, so werden die Ausdrücke über¬
sichtlicher, wenn man den Ausdruck von log (e'1)) in Gleichung 11 d) in eine un¬
endliche Reihe verwandelt,
r/ = rp sin (t — t) — — r2p2 sin 3 {t — i ) 4—9* s'n ^ r) etc-
Dieser Ausdruck ist von der Form der Gleichung 9), Seite 505, und kann zur
Berechnung der Fehler bequem gebraucht werden 1.
Bestimmung des Drehpunkts der Augen nach Donders2. Fs wird zuerst der
horizontale Durchmesser der Hornhaut mit dem Ophthalmometer bestimmt. Zu dem Ende
bringt man unmittelbar über dem Ophthalmometer eine kleine Flamme an, die von der Horn¬
haut’gespiegelt wird, und neben dem Ophthalmometer ein horizontal verschiebbares Gesichts¬
zeichen, welches von dem beobachteten Auge fixirt wird. Dieses Auge wird übrigens von der
Seite her durch eine helle Lampe stark beleuchtet, gegen deren Strahlen das Ophthalmometer
geschützt ist. Man sucht nun das Ophthalmometer so einzustellen, dass jedes Doppelbild des
Flammenreflexes mit einem Doppelbild je eines seitlichen Hornhautrandes zusammenfällt.
Damit dies für beide Bilder des Lichtreflexes zugleich geschehen kann, muss die Mitte der
Hornhaut gerade gegen das Ophthalmometer gekehrt sein. Um dies zu erreichen, muss man
das Gesichtszeichen so lange hin und herschieben, bis der genannten Forderung Genüge
geleistet wird. Der Winkel, um den die Platten des Ophthalmometers gedreht sind, entspricht
dann der halben Breite der Hornhaut, und ist diese nach den auf S. 10 gegebenen Regeln
daraus zu berechnen. Der Winkel, den die nach dem Auge gerichtete Axe des Ophthalmometers
und die nach dem Gesichtszeichen gerichtete Blicldinie des Auges mit einander machen, ent¬
spricht der Abweichung der Blicklinie von der Axe der Hornhaut.
Um nun den Bogen zu bestimmen, den die Hornhaut beschreiben muss, um die Länge
ihres eigenen queren Durchmessers im Raume zu durchlaufen, wurde vor dem zu untersuchenden
Auge ein Ring aufgehängt, in welchem ein feines Haar senkrecht gespannt war. Dann
wurde ermittelt, um wieviele Grade (ausgehend von dem Stand, wobei die Hornhautaxe
auf das Kreuz des Ophthalmometers gerichtet war) nach beiden Seiten hin visirt werden
musste, damit bei unbeweglich gehaltenem Kopfe nach einander jeder von den Rändern der
Hornhaut mit Dem Haare zusammenfiel. Die gefundene Anzahl von Graden stellte
den Winkel dar, den das Auge hierbei um den Drehpunkt beschrieben hatte. Sehr bald
stellte sich heraus, dass bei normalen Augen dieser Winkel ungefähr 56 0 betrug. Donders
begann deshalb später jede Messung damit, ein Visir »28° nach links, ein anderes ebenso
weit nach rechts von dem erstgenannten Visir, welches zur Einstellung des Lichtreflexes
auf die Mitte der Hornhaut gedient hatte, aufzustellen, Der Kopf wurde so gedreht, dass
hei dem Fixiren des einen seitlichen Visirs der eine Rand der Hornhaut mit dem Haar zu¬
sammenfiel, und es wurde untersucht, ob beim Fixiren des zweiten seitlichen Visirs der
entgegengesetzte Rand der Hornliaiit dem Haar entsprach. Nur selten war dies vollkommen
der Fall; aber es stellte sich doch heraus, ob ein grösserer oder ein kleinerer Bogen be¬
schrieben werden ipusste. Dem entsprechend wurden dann die beiden seitlichen Visire um
gleich viel von dem mittleren entfernt, oder ihm genähert, bis man endlich ein genaues Zu¬
sammenfällen der Ränder der Hornhaut mit dem Haare erhielt. Indem man nun schnell einige
Male abwechselnd nach dem einen und dem andern Visir sehen liess, wurde der hiniluss
einer etwaigen früheren Bewegung des Kopfes beseitigt.
Wenn a die halbe Breite der Hornhaut ist, welche man mit dem Ophthalmometer gefunden
hat, und ß der Winkel, um den jedes seitliche Visir, vom beobachteten Auge gesehen, vom
1 Eine Construciionsmethocfe, für denselben Zweck brauchbar, siehe unten in den Nachtrages
3 Archiv für die holländischen Beiträge zur Natur- und Heilkunde. Bd. Ill, Hit. o, •