BRECHUNG AN KUGELIGEN FLÄCHEN.
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§. 9.
Im Auge haben wir es mit der Brechung des Lichts an kugeligen oder nahehin
kugeligen Flächen zu thun. Die Gesetze der Brechung vereinfachen sich für eine
jede solche Fläche ausserordentlich, wenn das Licht nur unter sehr kleinen Ein¬
fallswinkeln, d. h. nahe senkrecht auf sie fällt. Sie vereinfachen sich auch für
ein System solcher Flächen, wenn die Mittelpunkte der Kugelflächen alle in einer
geraden Linie, der Axe des Systems, liegen. Systeme von kugeligen Flächen,
in denen diese letzte Bedingung erfüllt ist, nennt man centrirt. Licht, welches
ursprünglich von einem Punkte ausgegangen ist, oder allgemeiner, Licht, dessen
Strahlen hinreichend verlängert alle durch einen Punkt gehen, d. h. homo cen¬
trisches Licht, wird, nachdem es durch ein solches System gegangen ist, und
alle brechenden Flächen nur unter kleinen Einfallswinkeln getroffen hat, entweder
sich in einen Punkt wieder vereinigen, oder so fortgehen, als käme es alles von
einem leuchtenden Punkte her, also wieder homocentrisch sein. Den Convergenz-
punkt der Lichtstrahlen nennt man in beiden Fällen das optische Bild des
ursprünglich leuchtenden Punktes, oder da Lichtstrahlen, welche von dem Orte
des Bildes ausgehen würden, an der Stelle des ursprünglich leuchtenden Punktes
wieder vereinigt werden würden, nennt man den Ort des leuchtenden Punktes
und den seines Bildes auch conjugirte Vereinigungspunkte der Strahlen.
Man nennt ferner das optische Bild reell, wenn die Lichtstrahlen, welche von
dem leuchtenden Punkte ausgegangen sind, in ihm wirklich zur Vereinigung
kommen. Dies kann nur geschehen, wenn das Bild hinter den brechenden
Flächen liegt. Man nennt es virtuell, wenn der Vereinigungspunkt der Licht¬
strahlen in ihren rückwärts gezogenen Verlängerungen vor der letzten brechenden
Fläche liegt. Im letzteren Falle schneiden sich also nicht die Lichtstrahlen selbst,
sondern nur ihre Verlängerungen.
Convexe Glaslinsen (Brenngläser oder Sammellinsen) geben von ent¬
fernten Gegenständen reelle
Bilder, wie Fig. 20 zeigt ;
c d ist die Linse, a der leuch¬
tende Punkt, die einfallenden
Lichtstrahlen ac und ad wer¬
den in die Richtungen c f und
d e gebrochen, vereinigen sich
wirklich in dem Punkte b, dem Punkte des reellen Bildes, und gehen nach der
Schneidung wieder divergirend auseinander, gerade als wäre b ein ursprünglich
leuchtender Punkt.
Concave Glaslinsen (Zerstreuungsgläser) geben virtuelle Bilder wie in Fig. 21.
wo die Bezeichnungen dieselben sind wie in Fig. 20. Hier schneiden sich die Licht¬
strahlen nicht wirklich, wohl aber
ihre Verlängerungen in b, und
gehen hinter der Linse weiter, als
kämen sie von b, so dass ein hinter
der Linse zwischen f und e stehen¬
des Auge glauben würde, den leuch¬
tenden Punkt in b zu sehen. Fig. 21.
Fig. 20.