§• 23.
FARBIGES ABKLINGEN DER NACHBILDER.
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augehören, während sie in Wirklichkeit ihrer Umgebung entsprechen. Um das
Nachbild der Sonne möglichst regelmässig zu entwickeln, nehme ich ein sehr
dunkel gefärbtes Glas (oder ein herusstes Glas oder mehrere complementär ge¬
färbte Gläser über einander gelegt), sehe damit nach der Sonne hin, welche
durch das Glas nur noch als eine schwach sichtbare Lichtscheibe erscheinen
muss. Dann nehme ich das Glas für einen Moment weg, und schliesse sogleich
die Augen. So werden dieselben verliältnissmässig wenig angegriffen, und haben
wenig Zeit, ihre Stellung zu verändern, während doch das Nachbild sich sehr
glänzend entwickelt. Unter diesen Umständen finde ich auch im Nachbilde meist
einen Kern, welcher in seiner ganzen Ausbreitung eine gleichinässige Färbung
hat, und ziemlich die Grösse der scheinbaren Sonnenscheibe besitzt, so dass
man die Abweichungen, welche am Rande Vorkommen, den Fehlern der Brechung
im Auge zuschreiben kann.
Man sieht unter diesen Umständen in der Umgebung des Sonnenbildes
schnell die Phasen des Nachbildes verlaufen, welche weisse Gegenstände nach
momentanem Anblick geben. Positives Blau, Rosaroth, welches durch Gelb in
negatives Dunkelgrün übergeht, während das Bild der Sonne selbst in dieser
ersten Phase als ein verwaschener, nicht regelmässig runder weisser Fleck
erscheint, der ungefähr zu der Zeit, wo der Grund rosenroth geworden ist, in
die zweite Phase tritt, und sich hellblau färbt. Diezweite geht meist schnell
in die dritte Phase über, indem das Blau zuerst am Rande, dann auch in der
Mitte grün wird, während am Rande ein rothgelber Saum entsteht, der dunkler
als die Umgebung ist, und an dessen äusserem Rande- sich dann auch wohl
schon in dieser Phase ein noch dunklerer blaugrauer Saum abzeichnet. Richtet
man die Augen während dieser Phase auf ein weisses Feld, so verwandelt sich
das positive Grün durch Violett in das negative Blutroth der folgenden Phase.
Die vierte Phase entsteht, indem das Roth des Saumes sich über die
Mitte des Bildes verbreitet. Der blaugraue Saum wird dafür breiter und
dunkler. Das ganze Nachbild ist jetzt dunkler als die Umgebung. Letztere er¬
scheint im Gegensatz dazu weisslich oder grünlich. Es ist dies das letzte
negative Grün vom Bilde der Himmelsfläche. Die etwa vorhandenen Nachbilder
der Fensterstäbe erscheinen darin hell. Blickt man in dieser Phase auf weissen
Grund, so geht das Roth in Grünblau über.
In der fünften Phase endlich nimmt das ganze Nachbild die blaue Farbe
des bisherigen Saumes an, und verschwindet im dunkeln Felde meist in diesem
Stadium des Blau, während es auf weissem Felde grünblau erscheint.
Diesen von Fechner aufgestellten Phasen möchte ich noch eine sechsteN
anschliessen, wo man im dunkeln Felde vom Nachbilde nichts mehr erkennt,
wohl aber auf weissem Felde noch einen gelben oder bräunlichen Schein sieht.
Endlich nach ziemlich langer Zeit schwindet auch dieser. Hat man während
dieser Zeit, und seihst noch später, wo der gelbe Schein geschwunden ist, auf
Weiss gesehen, und schliesst plötzlich die Augen, so tritt noch wieder ein
schwaches positives bläuliches Nachbild auf, welches schnell wieder schwindet.
Oeffnet man dann die Augen, indem man sie auf Wciss richtet, so sieht man
im ersten Augenblick noch wieder das gelbe Nachbild. Die Erklärung dieser