§• 18.
BLINDER FLECK.
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das Flammenbildchen auf die Eintrittsstelle des Sehnerven fiel. Auf dieser
Stelle ist das Flammenbildchen nicht scharf gezeichnet, und es wird gleichzeitig
die ganze Eintrittsfläche des Sehnerven, obgleich mindestens 20 Mal grösser als
das Flammenbildchen, ziemlich erleuchtet, was sich aus der durchscheinenden
Beschaffenheit der Nervenmasse erklärt. Auf der Netzhaut selbst neben dem
Eintritt des Sehnerven bemerkte er kaum eine Spur von Licht, was entweder
in den durchsichtigen Mitteln des Auges zerstreut sein konnte, oder -von der
hell erleuchteten Fläche des Sehnerven seitlich reflectirt war. So lange das
Lichtbildchen ganz auf den Eintritt des Sehnerven fiel, hatte der Beobachtete
keine Lichtempfindung. Einige meinten einen sehr schwachen Schimmer wahr¬
zunehmen, der wohl durch die erwähnte schwache Erleuchtung der Netzhaut
veranlasst sein mochte. Durch kleine Bewegungen des Spiegels konnte er das
Lichtbildchen von einer Seite nach der anderen über die Eintrittsstelle des
Sehnerven wandern lassen, und niemals trat Lichtwahrnehmung ein, ehe nicht ein
Theil der Flamme deutlich die Grenze überschritt, und so eine Stelle erreichte,
wo die verschiedenen Schichten der Netzhaut schon vorhanden sind. Hieraus
folgt., dass der blinde Fleck der ganzen Eintrittsstelle des Sehnerven, und
namentlich nicht etwa blos den eintretenden Gefässen entspricht.
Denselben Versuch hat später Coccius 1 an dem eigenen Auge des Beob¬
achters auszuführen gelehrt, wodurch er noch belehrender wird. Man braucht
dazu einen durchbohrten Spiegel, plan oder convex, wie er in den Augen¬
spiegeln üblich ist, und hält diesen nahe vor das eigene Auge, während durch
die Oeffnung des Spiegels das Licht einer Lampe in das Auge fällt. Richtet
man zunächst das Auge gerade nach dem Rand der Oeffnung hin, so gelingt
es leicht, das umgekehrte rothe Flammenbildchen auf der Netzhaut des eigenen
Auges zu sehen, und indem man dann das Auge mehr und mehr einwärts
dreht, während man das Flammenbildchen festzuhalten sucht, gelingt es endlich
das Flammenbild auf die Eintrittsstelle des Sehnerven zu bringen und die be¬
schriebenen Beobachtungen anzustellen. Für diesen Zweck ist es übrigens
rathsam, die Flamme klein zu machen, oder weit zu entfernen, weil sonst die
grosse Menge Licht, die in das Auge dringt, hinderlich ist. Man sieht dabei
auch die Gefässstämme, hat aber natürlich immer nur ein sehr kleines Gesichts¬
feld. Nimmt man eine grössere Flammenfläche, so wird das Auge zu sehr ge¬
blendet, als dass man viel sehen könnte. Ist die Lichtmenge, welche auf die
Eintrittsstelle des Sehnerven fällt, bedeutend, so nimmt das Auge allerdings
einen schwachen Lichtschein wahr, aber, wie wir aus diesen Versuchen schliessen
müssen, nur deshalb, weil ein Theil des Lichtes sich auf die anstossenden
Theile der Netzhaut ausbreitet. Zuweilen entsteht auch bei solchen Versuchen
ein rother Lichtschimmer im Auge, wohl wenn ein Gfefässstamin auf der Seh¬
nervenfläche stark erleuchtet wird und Licht- reflectirt. Dies beobachteten
A. Fick und P. du Bois Revmond, wenn sie das Sonnenbildchen einer Convex¬
linse als Object benutzten.
Die Form und scheinbare Grösse des blinden Flecks im eigenen Gesichtsfelde
kann man leicht in folgender Weise bestimmen. Man gebe dem Auge 8 bis 1 2 Zoll
1 Ueber Glaukom, Entzündung und die Autopsie mit dem Augenspiegel. Leipzig 1859. S. 40 und 52.
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