Die kymocyclographische Methode
der Bewegungsuntersuchung.
Von Mk. Bernstein, Moskau.
(Mit 20 Abbildungen und einer farbigen Tafel.)
I. Kymocyclographion.
Das physiologische Bewegungsstudium erfordert dringend
eine Begistriermethode der Bewegungen, die 1. eine genügende
Präzision aufweist, 2. womöglich keinen Einfluß durch Übergangs¬
mechanismen auf den Verlauf der zu studierenden Bewegung
ausübt und 3. eine darauffolgende quantitative Schätzung und
eine mechanistische Dechiffrierung der erhaltenen Aufzeichnungen
ermöglicht. Keine von den bis jetzt bekannten Methoden entsprach
allen diesen Forderungen zugleich. Die gegenwärtig verbreitetsten
Vorrichtungen zur Registration der Bewegungen mittels mecha¬
nischer oder pneumatischer Übergabe fehlen gegen den Punkt 2
der obengenannten Forderungen, und es kommt öfters vor, daß
sie den beiden anderen Punkten auch nicht entsprechen. Die kine-
matographische Registration in ihrer vollkommensten Form1),
falls sie in genügendem Maße den Punkten 1 und 2 entspricht,
erschwert ganz bedeutend die Anwendung des Punktes 3. Die
ckronophotographische Methode von TP. Braune und 0. Fischer2),
welche von ihnen zum Studium des menschlichen Ganges angewandt
wurde, ist, obgleich tadellos und bis jetzt nicht übertroffen in
Bezug auf Punkt 1 und 3, vollkommen unbrauchbar nach Punkt 2,
infolge einer kolossalen Schwerfälligkeit der von ihnen angewandten
elf Geißlerröhren, deren Auf setzen auf die Versuchsperson eine
Zeit von sechs bis acht Stunden3) beanspruchte. Schließlich kann
die Chronocyclographie4), wie es scheint, allen drei Anforderungen
1) Zum Beispiel die Zeitlupe von H. Lehmann, le Cinématographe au ralenti
von A. Débrie, Mod. G. W. u. a.
2) Abh. d. math.-phvs. Klasse d. Königl. Sachs. Ges. d. Wiss. 21. Nr. IV,
S. 177 u. ff.
3) Ibid. S. 182.
4) F. und L. Gilbreth: Motion Study. 1911; Applied Motion Study. 1917;
N. Tichonow : Untersuchungen des Zentral-Arbeits-Inst. in Moskau. 1. 6; A. Bern¬
stein: Ibid. S. 19 (1923).