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Umfangreiche Vorarbeiten bereiteten das Werk vor, welches
nicht mehr zur Vollendung gelangen sollte. Der Teil jedoch,
welcher die kunstphilosophischen Ansichten des Altertums
behandelt und den Knoten aller Fiäden enthält, ist zu einem
relativen Abschluss gelangt. Er deckt mit dem Grundirr¬
tum den Ursprung aller Missverständnisse auch der neueren
Zeiten auf und lässt dabei das erkenntnistheoretische Prinzip
der Fiedlerschen Gedanken scharf hervortreten. — Indern
man allein im Begriff die Möglichkeit einer geistigen An¬
eignung der Welt, einer Erkenntnis sieht, muss die Kunst
notwendig in eine gezwungene Stellung geraten. Und in
Zeiten des Mystizismus erschöpft- man sich mit phantast¬
ischen, lediglich bildlichen Erklärungen der Kunst, die der
Kunst selbst mehr 'zu schaden als ein natürliches Verhält¬
nis zu ihr zu fördern geeignet sind. — So hat dies nachge¬
lassene Werk Conrad Fiedlers für die Geschichte der Kunst¬
theorie eine zweifellose Bedeutung und wir hoffen, dasselbe
noch veröffentlichen zu dürfen. —
Die letzte Arbeit Fiedlers mag jedoch das Vorwort
zu den von ihm herausgegebenen Aufsätzen von Julius Meyer
gewesen sein. Das Problem der Kunstwissenschaft, wie es
in Meyer, dessen wissenschaftliche Anfänge noch in die
Zeit der romantischen Spekulation zurückreichten, und der
die ganze Entwicklung der modernen Kunstgeschichte mit¬
arbeitend durchgdmacht hatte, stets lebendig war als philo¬
sophischer Zweifel, indem Meyer sich immer wieder zu
vergewissern suchte, „ob er auch berechtigt sei, gerade so
und nicht anders zu reden und zu urteilen“: dies Problem
des künstlerischen Verstehens, von dem Fiedlers erste
Schrift ausgegangen war, ist hier wieder im Zentrum der