Ueber die Schwierigkeiten des demonstrativen Unterrichts etc.
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gogik und, wenn ich so sagen darf, Bildungsidealismus nur von grösstem
Nutzen sein würde. Peccatur extra et intra muros.
Einstweilen heisst es mit dem Vorhandenen sich abzufinden, und so
muss der Universitätslehrer das Versäumte nachzuholen streben, ln
ihrem ganzen Umfange werden während des medizinischen Studiums
bei dem üblichen Studiengange die Mängel der Vorbildung zum
ersten Male deutlich und offenbar im pathologisch-anatomischen Unter¬
richte. Um sie einigermassen zu beseitigen und dem Fachordinarius die
gröbsten Schwierigkeiten abzunehmen, ihm das Feld zu ebnen und kost¬
bare Zeit zu ersparen, den Studenten das Verständnis zu erleichtern,
müsste meiner Meinung nach eine propädeutische Vorlesung, ein tiroci¬
nium anatomico-pathologicum vorausgehen. Hier wäre die Brücke zu
bauen zwischen der normalen und der pathologischen Anatomie und
Histologie, die Methodik der Diagnostik und ihre Hülfsmittel technischer
Art müssten geübt, der innere Zusammenhang der verschiedenen Zweige
dargelegt und eine Anleitung zu fruchtbringendem Arbeiten gegeben
werden, insbesondere, was durch Gedächtnis, was durch Beobachtung,
was durch Denken erworben werden muss. Seit Jahren habe ich mich
dieser Aufgabe in kleinem Kreise unterzogen und öfter die Genugtuung
gehabt von älteren Kollegen, die nach Niederlegung der Praxis aus Amt
und Würden wieder mit jugendlichem Interesse an der wissenschaftlichen
Seite der Medizin zur Alma mater zurückkehrten, zu hören, dass meine
Idee und ihre Ausführung ihnen nützlich gewesen sei und das Ver¬
ständnis mancher Dinge ihnen geöffnet habe. Meine Beobachtungen in
diesen Vorlesungen haben mir je länger, desto fester meine Meinung
begründet.
Aber wie die Dinge liegen, wo wäre auch kein „Aber“, ist daran
nicht zu denken. Der Student bemüht sich nur zu lernen, was er im
Examen braucht. Den meisten wird erst später in der Praxis klar,
dass sie manches anders hätten machen sollen. Unsere Studenten sind
ganz frei in der Wahl ihrer Kollegien, wenigstens in der pathologischen
Anatomie, auch nach den neuen Prüfungsvorschriften. Möge diese Frei¬
heit ihnen auch erhalten bleiben, wenn sie nur nicht so ausartet, dass
jemand meint, er könne genug lernen, wenn er einmal die Ferien über
als Famulus in einem pathologischen Institute der Universität oder eines
Krankenhauses arbeitete !
Die Schwierigkeiten, die bisher erörtert sind, sind zwar wohl die
grössten, die einem gedeihlichen Unterricht entgegenstehen, aber sie zu