Ueber die mechanische Auffassung der Natur.
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die ältesten Urwesen als nahezu gleichartig in ihrer physischen Be¬
schaffenheit angenommen werden müssen. Die Qualität der Varia¬
tion ist eben nicht b 1 o s das Produkt der physischen Constitution,
sondern die Resultante aus dieser und der Qualität des abändernden
äussern Einflusses. So ging die erste »Species« durch ungleiche
Beeinflussung äusserer Lebensbedingungen in mehrere neue » Spe¬
cies« auseinander, und indem dieses geschah, veränderte sich
zugleich die bisherige physische Natur des Organismus und be¬
dingte nun auch eine neue Reactionsweise auf äussere Einflüsse
d. h. eine andere Variation s-..rieh tun g. Der Unter¬
schied von der primären wird allerdings noch sehr minimal zu
denken sein, er muss aber zunehmen mit jeder neuen Transmuta¬
tion und muss genau paralell gehen dem mit dieser verbundenen
Grade physischer Veränderung. So wird also Hand in Hand mit
den Umwandlungen auch die Um Wandlungsfähigkeit oder
die Reactionsweise des Organismus auf abändernde Einflüsse
immer wieder aufs Neue sich ändern müssen, und wir erhalten
schliesslich eine unendliche Menge von verschieden con-
stituirten Lebensformen, deren Variationstendenz
verschieden ist und zwar in dem graden Verhältnis»
ihres physischen Abstandes, so dass also nahe verwandte
Formen ähnlich, weit entfernte sehr verschieden auf den gleichen
Reiz antworten.
Die individuelle Variation entsteht, wie zu zeigen versucht
wurde, dadurch, dass jedes Individuum fortwährend von etwas
verschiednen und zwar immer wieder wechselnden Einflüssen ge¬
troffen wird. Denken wir uns aber im Gegentheil eine grössere
Individuengruppe von den gleichen Einflüssen getroffen und zwar
von solchen Einflüssen, welchen die übrigen Individuen der Art
nicht ausgesetzt sind ; so wird diese Individuengruppe in nahezu
gleicher Weise variiren müssen, da beide Factoren der Va¬
riation gleich oder nahezu gleich sind : der äussere Einfluss und
die physische Constitution. Nachweisbar werden solche Lokal-
Variationen erst dann, wenn eine Reihe von Generationen hin¬
durch derselbe äussere Einfluss gewirkt hat und die Variations-
minima, welche beim einzelnen Individuum durch einmalige Ein¬
wirkung des Abänderungsreizes ausgelöst werden, sich durch Ver¬
erbung gehäuft haben. So können also Transmutationen von eini-