Ueber den phyletischen Parallelismus bei metamorphischen Arten. 203
aller Hymenopteren ableiten. Zur Gewissheit aber wird derselbe
dadurch erhoben, dass wir die phyletische Entwicklung
der madenförmigen Hymenopteren-Larven aus rau¬
penförmigen durch dieOntogenesederErsterennach-
weisenkönnen. Durch die schönen Untersuchungen Bütschli’s
über die embryonale Entwicklung der Biene*) wissen wir, dass
der Embryo der Made einen vollständigen, aus vier Segmenten be¬
stehenden Kopf besitzt mit den typischen drei Paaren von Kiefern,
dass aber später diese Kopfsegmente sich nicht zu einem wirklichen
hornigen Kopfweiterbilden,, sondern vielmehr zusammensehrumpfen,
dass die Kiefer schwinden mit einziger Ausnahme des ersten
Paares, welches in Gestalt weicher, mit kleinen Hornspitzchen ver¬
sehener Stücke erhalten bleibt. Wir wissen auch, dass auf den
drei vordersten Leibessegmenten im Embryo die drei typischen
Beinpaare hervorwachsen in derselben Gestalt rundlicher Blätter,
in der sie bei allen Insekten zuerst erscheinen5 dass aber auch
diese noch vor der Geburt der Larve vollständig wieder zurückge¬
bildet werden und ganz ebenso geht es mit paarigen Gliedmassen-
Anlagen sämmtlicher (?)**) übrigen Segmente, welche schon in die¬
ser ersten Anlage eine geringe Verschiedenheit von den drei vorderen
Beinanlagen erkennen lassen.
Die Maden der Hymenopteren stammen also von
Formen ab, welche einen hornigenKopf mit Fühlern
und drei Kieferpaaren, und einen dreizehngliedrigen
Leib besassen, dessen drei vorderste Segmente Beine
trugen, welche etwas verschieden waren von den
Beinpaaren der übrigen Leibessegmente. Das heisst
also: sie stammen von Larven ab, welche im Allge¬
meinen den Bau der h euti g en Blattwesp enlarven oder
sog. After-Raupen besassen.
Somit wäre die gemeinsame Herleitung aller Hymenopteren
aus einer gemeinsamen Wurzel sicher gestellt.
Woher rührt aber der so ganz ungleiche Abstand in derForm-
*) Zeitschrift für wissenschaftl. Zoologie Bd. XX, S. 519.
**) Ob nicht das vierte, elfte und zwölfte Segment, wie bei den heute leben¬
den Afterraupen aller Blattwespen, ohne Fussanlagen sind? Aus den Abbil¬
dungen Bütschli’s möchte ich es fast schliessen (siehe z. B. Taf. XXV,
Fig. ITA).