Wenn wir nun unsere Muskelkraft als elektrisch ansehen und beispielsweise
die des rechten Armes als positive, die des linken Armes als negative Elek¬
trizität, so sind beide Elektrizitäten gebunden, sobald wir unsere Hände in
einander legen, und wir erscheinen unelektrisch. Ganz ähnlich ist es auf dem
Gebiete der Elektrizität. In den sogenannten unelektrischen Körpern sind die
beiden Elektrizitäten gebunden, und das Elektrischmachen ist weiter nichts
als ein Trennen der beiden Elektrizitäten und ein Wegführen der einen, so
daß dadurch die andere frei wird und sich nunmehr äußern kann. Daß dies
in der Tat so ist, soll uns der Elektrophor zeigen. — Einfügen wollen wir
hier, daß es Leiter und Nichtleiter der Elektrizität gibt. Leiter sind alle
Metalle, feuchte Luft, unser Körper. Nichtleiter sind alle diejenigen Körper,
welche durch Reiben elektrisch werden. Man nennt .sie auch Isolatoren.
Eigentlich müßte man von guten und schlechten Elektrizitätsleitern sprechen,
aber letztere leiten die Elektrizität so schlecht, daß sie praktisch als Nichtleiter
bezeichnet werden können.
Der ELEKTOPHOR,*)
das heißt Elektrizitätsträger, weil er seine freie Elektrizität oft wochen- ja
monatelang behält, besteht aus dem sogenannten Kuchen und dem Deckel.
Offenbar hat man für den einen Teil deshalb das Wort Kuchen gewählt, weil
man diesen ursprünglich aus einer Mischung von Kolophonium und Schellack
herstellte, die im geschmolzenen Zustande eine teigartige Masse bildete. Jetzt
nimmt man Hartgummi hierzu. Der Deckel besteht nach wie vor aus Zink
mit einem Glas- oder Hartgummistab als Handgriff. Mit diesem Elektrophor
stellen wir nun den
1. Versuch an. Wir legen die Hartgummischeibe, den Kuchen, auf den
Tisch und reiben sie am besten mit einem womöglich angewärmten Katzen¬
fell. — Ich warne dringend davor, die Scheibe während des Reibens frei
in der Hand zu halten, weil sie dann leicht zerbrechen kann. — Nähern
wir nun die Scheibe mit der geriebenen Seite einer auf dem Tisch liegenden
Kugel aus Holundermark, so springt diese schließlich an die Scheibe heran
nach dem Gesetz:
Elektrische Körper ziehen unelektrische an.
Wir haben also zunächst nachgewiesen, daß die Gummischeibe durch
Reiben elektrisch geworden ist, indem die anfangs gebundenen Elektrizitäten
getrennt worden sind, und die positive durch unsern Körper zur Erde geleitet
wurde, und gehen nun über zum
2. Versuch. Die positive Elektrizität bezeichnen wir mit +, die negative
mit —, und die geriebene Platte sieht demnach so aus, wie es Fig. 1 zeigt,
d. h. an ihrer Oberfläche befindet sich negative
Elektrizität. Diese negative Elektrizität ist nun S§Ë3352âEKSHB§iH
imstande, in jedem Leiter der Elektrizität, der s'
sich in einer gewissen, aber möglichst geringen Entfernung von ihr befindet,
eine Trennung der beiden Elektrizitäten zu bewirken, und zwar die ungleich¬
namige anzuziehen und die gleichnamige abzustoßen nach dem Gesetz:
*) Beachte auch Seite 46.
6