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lî o b e r t Lach.
sationssysteme ist liier die tonale Polarität von Tonika und
Dominante. Sowie nun aber zwischen den einzelnen Achsen
und den durch sie gelegten Ebenen verschiedene Neigungs¬
winkel möglich sind und hieraus je nach dieser Verschieden¬
heit der Zahl und Neigungswinkel der Achsen, Neigungsflächen
u. dgl. sich die verschiedensten Kristallisationssysteme er¬
geben, genau so muß natürlich auch das harmonische Kristalli¬
sationssystem durchaus nicht nur auf dem Polanitätsverhältnis,
d. i. also dem sozusagen tonalen Aufednander-Senkrechtstehen
von Tonika und Dominante, aufgebaut seih, wie dies das Wesen
unseres Tonsystems ist, sondern es können auch andere so¬
zusagen tonale Neigungswinkel und Achsenstellungen Vor¬
kommen, die dann natürlich entsprechende andere harmonische
und tonale Kristallisationssysteme, d. li. Skalensysteme, fun¬
dieren werden, ln der Tat zeigt uns denn auch die Geschichte
der Musik, daß dem heute herrschenden Tonsystem unserer
gegenwärtigen Musik, der Dur- und Mollskala, entwicklungs¬
geschichtlich eine ganze Reihe anderer, von ihr grundver¬
schiedener Skalensysteme vorangegangen ist, so das anhemi-
tonisch-pentatonische (Skala f g a c d f) der Ostasiaten (vor
allem Chinesen), Kelten, vorhistorischen Griechen usw., die
altgriechischen Tonarten, die Kirchentonarten u. dgl., bei
denen oft ganz andere tonale Neigungswinkel, d. h. also har¬
monische Spannungsverhältnisse, der Beziehung der einzelnen
Skalentöne zueinander zugrundeliegen als das sozusagen
Aufeinander-Senkrechtstehen (die Polarität) von Tonika und
Dominante. So kann man z. B. das für unser heutiges musika¬
lisches (und speziell harmonisches) Empfinden ganz unmög¬
liche (weil mit seiner verminderten Quint h—f ganz schiefe
und in der Luft hängende) Spannungsverhältnis der (alt¬
griechischen) mixolydischen Tonart hedefgah oder das
ganz ähnliche, wenn auch für unser Empfinden nicht ganz so
schroff verletzende der hypolydischen Tonart fgahcdef
füglich wohl (wegen ihrer ganz schiefen tonalen Neigungs¬
winkel) mit nichts besser in Parallele stellen als mit dem
monoklinischen und triklinischen Kristallisationssysteme
u. dgl. Ja, die oben gezogene Parallele zwischen Ton- und
Kristallsystem läßt sich sogar auch noch bis in weitere Details
hinein verfolgen: sowie die durch die einzelnen Achsen des