Reproduction überhaupt als Auslösung latenter Kraft.
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jenes an sich mich wenig berührte, nimmt mich dies in hohem
Maa8se in Anspruch. Vielleicht erinnert mich das Ereigniss weiter
an ein Versprechen, das ich jetzt sogleich ausführen muss, wenn
ich mir grosse Beschämung ersparen will. Dann kann der Ge¬
danke daran für einen Moment mein ganzes Denken erfüllen. Ich
vergesse alles Uebrige und eile meiner Verpflichtung nachzu¬
kommen.
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Wie dies möglich sei, verdeutlichen uns leicht Vorgänge aus
der materiellen Welt. Ein aus irgend einem Metall, Eisen etwa,
bestehender und erhitzter Körper M werde mit einem kalten Kör¬
per Mi vom gleichen Metall in Berührung gebracht. Dann teilt
sich die Wärme des M teilweise dem Mi mit. Ist der Process der
Mitteilung vollendet, so ist das gemeinsame Wärmequantum nicht
grösser geworden. Noch weniger kann die Rede davon sein, dass
Mi mehr Wärme in sich schlösse, als M vorher besass. Jetzt
setze man an die Stelle des Mi einen leicht brennbaren oder gar
explosiven Stoff S. Auch dieser entnimmt von M einen Teil der
in ihm vorhandenen Wärme. Zugleich fügt er aus eigenem Ver¬
mögen ein vielleicht beträchtlich grösseres Quantum hinzu. Wir
veranschaulichen uns hier den Vorgang, indem wir sagen, es sei
Wärme, überhaupt bewegende Kraft, in S latent gewesen und
durch den von M kommenden Austoss zur Aktivität gebracht oder
ausgelöst worden. Vergleichen wir damit den Process der Repro¬
duction, so haben wir ihn nach dem Gesagten offenbar mit diesem
letzteren, nicht mit jenem ersteren Vorgang in Analogie zu setzen,
Wir tun dies, indem wir auch hier den Hilfsbegriff der Latenz ^
an wenden. Wir können sogar, wenn wir wollen, von explosivem \
Charakter der Reproduction reden. Jede Disposition birgt in sich
latente Vorstellungskraft oder seelische Bewegungsenergie, die
durch den von andern Vorstellungen kommenden Bewegungsanstoss
nur ausgelöst wird. Jede Reproduction trägt mehr oder weniger
explosiven Charakter. Im Grunde liegt dies schon im Begriff der
Disposition. Die Disposition verdiente den Namen gar nicht, wenn
sie sich die Uebertragung einer Erregung nur eben gefallen liesse
und ihr nicht mit grösserer oder geringerer Energie entgegenkäme,
also zur Grösse der schliesslicben Gesammtenergie nicht etwas
aus ihrem Vermögen beitrüge. So rechtfertigt sich eigentlich hier
erst der Name der Disposition und die Abweisung der blosen
„Spur“.