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dächtniss behalten und anderen mittheilen, insofern ich die
Bedingungen angeben kann, unter denen die Elemente entstanden
sind; wer dieselben Muskelgruppen innervirt, dieselben Skelette
im Museum, dieselben Bilder im Buch sich ansieht und alles das
in gleicher Weise, wie ich es von mir beschreiben kann, in das
halbdunkle Gesichtsfeld der Phantasie einordnet, der kann mein
beobachtetes psychologisches Phänomen genau reproduciren.
Was hier für repräsentative Gebilde gilt, hat nun gleiche
Geltung für Gefühle, Triebe u. s. w. Beispielsweise ich habe Durst
oder mich ekelt etwas an, eine innere Erfahrung, die völlig ver¬
schwommen bleibt, bis ich sie zu beobachten anfange. Tritt die
Vorstellung des Beobachtenwollens zum Durstgefühl oder Ekel¬
gefühl hinzu, so ergänzen sich auch hier die Elemente durch
Vorstellung der näheren Bedingungen; ich werde darauf aufmerk¬
sam, wie trocken meine Zunge ist, wie meine Schlundmuskeln sich
beim Ekel abnorm contrahiren, wie meine Gesichtsmuskulatur sich
verzerrt und wie vor allem die Beugemuskeln der Extremitäten
sich ohne vorangehende Innervationsempfindung stark spannen.
Habe ich auf diese Weise alle Elemente des complexen Gefühls
associativ ergänzt durch Vorstellungen über die Bedingungen der¬
selben oder durch sprachliche Bezeichnungen, welche ja bei fest¬
stehendem Sprachgebrauch in gleicherweise wie die Neuherstellung
der Bedingungen zur Neuerweckung und Mittheilung der Elemente
ausreichen, so habe ich das Gefühl vollkommen in seinen Elementen
unterschieden und fixirt, d. h. beobachtet.
Das freilich wird aus diesem Beispiel klar, dass die betreffende
Beobachtung derjenige nicht machen kann, welcher noch nie etwas
über den Unterschied von Beuge- und Streckmuskeln gehört hat;
es muss sich die Empfindung, welche die Beugemuskelcontraktion
verursacht, schon vorher durch entsprechende Kenntnissansammlung
fest mit der Vorstellung des Beugemuskels verknüpft haben, wenn
das betreffende Element aus dem Complex heraus erkannt, unter¬
schieden und fixirt werden soll, d. h. wenn eine Vorstellung von
seinen Bedingungen hinzutreten soll. Die Selbstbeobachtung setzt
daher einen gewissen Vorrath von disponiblen Associationen, vor
allem von Associationen aus dem Gebiet der Anatomie und Physio-
. logie voraus. Das unterscheidet sie aber nicht nur nicht von