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diejenigen Bewegungen auslösen lässt, die den
Verhältnissen der Aussenwelt zweckmässig ent¬
sprechen? Das ist die Schwierigkeit; sobald wir das Ent¬
stehen solchen Apparates begreifen, so ist die Möglichkeit einer
mechanischen Erklärung der Willenshandlung bewiesen. —
Gegen diese Auffassung, dass die Zweckmässigkeit der centralen
Reflexe durch die Zweckmässigkeit des vorgebildeten Apparates
bedingt sei, scheinen die Erfahrungen der Entwicklung zu
sprechen. Freilich die bekannten Versuche von Soltmann, *)
welcher behauptete, dass bei jungen Tieren keine Bewegungen
durch Rindenreizung verursacht werden können, der Apparat
mithin nicht fertig vorgebildet ist, sind in jeder Beziehung
durch Paneth 2) widerlegt, abgesehen davon, dass selbst jene
Versuche verschieden deutbar waren und überdiess auch eine
extrauterine Körperentwicklung selbstverständlich ist. Wichtiger
erscheint der Einwand, dass ja die Bewegungen des Kindes
durchaus noch nicht so zweckmässig sind, wie sie bei Voraus¬
setzung solch vorgebildeten Apparates sein müssten. Aber
wir dürfen nicht vergessen, dass andererseits die Bewegungen
des Kindes auch durchaus nicht zweckwidrig sind, sondern
unzweckmässig nur durch ihre Unvollkommenheit. Sie erinnern
an die Bewegungen Ataktischer ; die feinere Ordnung und
Abstufung der komplexen Bewegungen, die dem Ataktischen
verloren gegangen, hat das Kind noch nicht erworben, aber
bei beiden ist die Bewegungstendenz die richtige. Vor allem
%
aber ist der Reizkomplex, der auf den Neugeborenen einwirkt,
ein zu kleiner, um schon die passenden Bewegungen auszulösen;
der vorgehaltene Gegenstand hat als Lichtreiz für das Kind
schon dieselbe Bedeutung wie für den Erwachsenen; um aber
nach dem Gegenstand richtig zu greifen, dazu leitet den
Erwachsenen eine Reihe anderer früherer Reize, die auf das
Kind noch nie eingewirkt. Die Entwicklung des Menschen
*) Soltmann: Archiv für Kinderheilkunde. Bd. IX.
*) Paneth : Archiv für die gesamte Physiologie. Bd. 87. S. 202 ff.