Yerlag yon Johann Ambrosius Barth in Leipzig.
Über
Aufgaben und Methoden
der Psychologie
von
Hugo Münsterberg
182 Seiten. — 1892. — Preis M. 6.—
bildet Heft 2 der Schriften der Gesellschaft für psychologische Forschung.
Die geistvoll geschriebene Abhandlung beschäftigt sich in acht Abschnitten
mit der engeren und erweiterten Aufgabe der Psychologie, der Abgrenzung und
Gliederung der psychologischen Methoden, der psychologischen Untersuchung unter
natürlichen und künstlichen Bedingungen und der psycho-physiologischen Unter¬
suchung. Sie verdient daher größere Aufmerksamkeit, denn sie vermittelt einen
lohnenden Überblick über den gesamten Betrieb der Wissenschaft.
Biologisches Centralblatt: Das vorliegende Heft verdient die Aufmerksam¬
keit aller der Kreise, welche der Psychologie überhaupt Teilnahme entgegenbringen,
denn es vermittelt einen lohnenden Überblick über den gesamten Betrieb dieser
Wissenschaft . . . Zum Schluß ein paar Worte über die Ergebnisse der Mün st er¬
ber gschen Methodenstudie für die wissenschaftliche Auffassung und den prak¬
tischen Betrieb der Psychologie. Wenn man die gewaltige Ausdehnung überblickt,
die hiernach die Psychologie besitzt, so wird man von neuem zu der Forderung
gedrängt, daß endlich dieser selbständigen Wissenschaft das Recht einer selb¬
ständigen Vertretung im Lehrplane der größeren Universitäten zuteil werde.
Nur wenigen Bevorzugten ist es vergönnt, neben allen Disziplinen der Philosophie
samt ihrer Geschichte die vielgliedrige Erfahrungswissenschaft Psychologie zu um¬
spannen. Für das Durchschnittsvermögen der Lehrenden wie der Lernenden bietet
die Psychologie allein schon den Anblick eines unermeßlichen Feldes, auf dem sich
der einzelne bescheiden ein Stückchen absteckt.
Zeitschrift für Psychologie: Der Verfasser unterscheidet mit anerkennens¬
werter Klarheit Psychologie und Psychophysiologie, d. h. Wissenschaft von den
Bewußtseinsphänomenen und Wissenschaft von den Beziehungen derselben zu
physiologischen Phänomenen . . . Die Unterscheidung der Methoden ist lichtvoll
und die Abgrenzung der Aufgaben, soweit nicht Münsterbergs Liebhaberei für
Bewegungsempfindungen u. dgl. störend eingreift, anerkennenswert vorurteilsfrei.
Vor allem hebe ich hervor die ausdrückliche Betonung der Selbstverständlichkeit,
daß alle psychologische Einsicht schließlich direkt oder indirekt auf der vielfach
schief aufgefaßten und dann mit scheinbarem Rechte geschmähten „inneren“ Be¬
obachtung beruht. Freilich versteht hier M. unter „Beobachtung“ nicht ganz das,
was man sonst darunter versteht.
Deutsche Literaturzeitung: Vor allem weist der Herr Verfasser hier mit
Recht darauf hin, daß die Sorge für eine berufsmäßige Fachausbildung in der
Psychologie nicht so wichtig ist wie die Sorge für eine allgemeine psychologische
Durchbildung der Studierenden aller Fakultäten. In dieser Hinsicht wird die
äußerst berechtigte Forderung aufgestellt, daß kein Mediziner oder Jurist,
kein Theologe oder Pädagoge von der Universität in den Beruf übertreten
darf, ohne in gründlicher, von der Philosophie unabhängiger Prüfung seine Kenntnis
der psychologischen Erscheinungen erwiesen zu haben.