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daran anknüpfende Theorie somit zu unterstützen scheinen.
Hier sei nur in kurzer Andeutung auf das folgende hinge¬
wiesen.
Biologisch ist der Antagonismus zwischen Streck- und
Beugethätigkeit offenbar gleichzusetzen dem Gegensatz von
Annäherung und Entfernung in Bezug auf äussere Reize. Dass
aber nur derjenige Organismus sich erhalten kann, welcher
gerade den förderlichen, Lust erweckenden Reiz mit Annähe¬
rung, den schädlichen, Unlust erzeugenden mit Entfernung
von der Reizquelle beantwortet, ist klar; unter dem teleo¬
logischen Gesichtspunkt der Selektionsbiologie werden dadurch
also auch die Bedingungen für die phylogenetische Entstehung
solchen Reflexapparates verständlich. In der That lässt sich
ja Schritt für Schritt verfolgen, wie dieses gegensätzliche Ver¬
halten der Organismen sich mit der wachsenden Kompliziert¬
heit des Gewebekomplexes stetig differenziert, wie die Be¬
wegungen des Zusammenballens, mit welcher die Amöbe den
schädlichen Reiz beantwortet, und der Ausstreckung, mit
welcher sie dem förderlichen Reiz entgegenkommt, bei ent¬
wickelteren Tieren immer mehr lokalisiert wird und der
Mannigfaltigkeit der Reize immer mehr angepasst wird, wie
aber doch dieser Gegensatz auch noch in den höchsten Formen
typisch erhalten bleibt. Auch das Heranziehen förderlicher
Gegenstände und das Wegstossen und. Abwehren schädlicher
Reize ist nur scheinbar eine Ausnahme, erweist sich bei
näherer Analyse des Vorgangs vielmehr als Bestätigung des
Gesetzes. • Freilich ist bei der Streckung und Beugung des
Körpers niemals nur an die Extremitätenmuskulatur zu denken;
die Streckung des Rumpfes und Erweiterung des Brustkorbes,
resp. der entgegengesetzte Vorgang gehört unmittelbar dazu,
so dass die Einatmung mit der Streckung, die Ausatmung
mit der Beugung eng verbunden ist, und gerade die biologi¬
sche Betrachtung erinnert daran, wie diesem Antagonismus
der Prozesse jeder Vorgang einzuordnen ist, der auf Erweite¬
rung oder Verengerung des Körpers hinzielt, resp. die Ein-