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ist, als das Tier in der Vorstellung den Schmerz der Wunde
wahrscheinlich damit in Zusammenhang bringt.“ Das Tier
reagiert nun auf diese stürmischen Schallempfindungen durch
Kopfbewegungen, „welche den Charakter von Abwehr haben
und das Wesen der Empfindung bringt es mit sich, dass
diese Bewegungen in der Ebene der verletzten Gänge ge¬
schehen.“
Wenn Wundt dieser Theorie entgegenhält, es sei niemals
zu beobachten, dass durch Geräusche fortwährende Pendel¬
bewegungen des Kopfes in der entsprechenden Richtung ent¬
stehen, so halte ich diesen Einwand gegen die Tomaszewicz-
sche Auffassung nicht für schlagend, denn, wenn wirklich die
Bogengänge normalerweise lokalisierte Schallempfindungen
anregen, so muss selbstverständlich bei experimenteller Zer¬
störung etwa der beiderseitigen horizontalen Kanäle eine
Reizung entstehen, wie sie physiologisch nie vorkommt, also
eine so bedeutende Menge Eindrücke von beiden Seiten auf
das Tier einwirken, dass die Bewegungen mit den gewöhn¬
lichen Geräuschreaktionen nicht verglichen werden können.
Wenn wir abwechselnd bald rechts, bald links vom Kopf eines
Kindes eine Glocken läuten lassen, so wendet sich der Kopf
abwechselnd bald nach rechts, bald nach links. Es wäre unter
der Voraussetzung jener Theorie sehr wohl denkbar, dass der
operative Eingriff am Tier Verhältnisse setzt, welche ge-
wissermassen automatisch ein solches rhythmisches Abwechseln
der Gehörsreize erzeugen. - Wenn die beiden Bogengänge
verletzt sind, so wird in irgend einem Moment der Reiz der
einen Seite überwiegen; führt das Tier dann die von jener
Seite angeregte Kopfbewegung aus, so wird durch die Drehung
der anderen Kopfseite die dortige Wunde neu erregt, die
Endolymphe vielleicht stärker austreten, kurz die Reizung
der entgegengesetzten Seite wird so überwiegen, dass sie
jetzt die entsprechende Bewegung hervorruft. Dadurch würde
wieder der Reiz an der ersten Seite verstärkt und so müsste
es abwechselnd fortgehen.