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Vorgang vorangehende Erinnerungsbild ist von den bei früherer
Kontraktion einmal wahrgenommenen Bewegungsempfindungen.
Es ist also selbstverständlich, dass auch die Lücken in der
Wahrnehmung einer experimentell veränderten Bewegung sich
mit Erinnerungsmaterial ausfüllen, durch dessen Einwirkung
die Aussagen der inneren Wahrnehmung an Zuverlässigkeit
einbüssen; das eine aber ist die zweifelsfreie Basis aller be¬
züglichen Theorien, dass uns in der inneren Wahrnehmung
thatsächlich eine mit zunehmender Muskelspannung stetig zu¬
nehmende Spannungsempfindung gegeben ist, gleichviel durch
welche Apparate dieselbe vermittelt wird. Nur diese That-
sache aber ist uns hier von Bedeutung. Wir können ganz
dahingestellt sein lassen, welche Teile der Organe uns die
Spannungsempfindung bei der Zeitschätzung erwecken, wir
haben nur zu fragen, in welchen Organen wir sie empfinden.
Meine subjektiven Erlebnisse kann ich nun folgender-
massen zusammenfassen. Wenn mir beispielsweise Gesichts¬
eindrücke in gewissen unregelmässigen Intervallen gegeben
sind, vielleicht nach je ein bis drei Sekunden ein heller Ein¬
druck auf dunklem Hintergrund entsteht und wieder ver¬
schwindet, so fühle ich, wie bei dem jedesmaligen Auftauchen
des Reizes meine Muskeln in der Augenhöhle sich spannen,
um die Augen recht fest nach der leuchtenden Stelle zu
richten, wie alle Augenmuskeln sich kontrahieren, damit der
Blick scharf fixiert ist, wie der Accomodationsmuskel sich an¬
spannt, um den Eindruck deutlich wahrzunehmen, kurz wie
jedesmal das ganze Sehorgan, sobald der Reiz beginnt, sofort
in einen Zustand erhöhter Spannung gerät, durch den der
Reiz an Deutlichkeit gewinnt und seine Wahrnehmung sich
über den sonstigen Vorstellungsinhalt des Momentes empor¬
hebt; ja, wenn der Reiz stark ist, fühle ich, wie die reflek¬
torisch ausgelöste Spannung nicht nur das Auge ergreift,
sondern die Hals- und Kopfmuskeln, um so den Kopf genau
in seiner für die Reiz Wahrnehmung günstigen Lage zu fixieren,
zuweilen greift sie sogar auf Schulter- und Armmuskeln über,