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das alles selbständig durcharbeiten, jede, bei nach¬
träglicher' Zerlegung uns logisch erscheinende Ver¬
bindung aus eigener Kraft produzieren und eine stets
nach der anderen erledigen, so würde es Jahrzehnte zu
dem gebrauchen, was unser Gehirn oft in einer Stunde leistet.
Wer sich mit oberflächlichen Schlagworten begnügt, nennt
derlei Materialismus. Wer tiefer geht, weiss, dass eine solche
Spezialuntersuchung der Psychophysik mit der allgemeinen
Weltanschauung nichts, absolut nichts zu schaffen hat und
dass es vielleicht keine Weltanschauung gibt, die so unmög¬
lich ist und durch die nächstliegenden erkenntnistheoretischen
Erwägungen so gründlich beseitigt wird als der Materialismus.
Auf dem Boden idealistischer Philosophie kommt aber notwendig
die physiologisch-psychologische Spezialuntersuchung zu der
Frage, wie diejenigen psychischen Inhalte, welche auf ein
hypothetisches Seelensubstrat bezogen werden, am zweck-
mässigsten in Verbindung zu bringen sind mit denjenigen
psychischen Erfahrungen, die aus psychologischen Gründen
auf ein nur in den Lageverhältnissen veränderlich gedachtes
hypothetisches Materiensubstrat bezogen werden müssen. Aus
methodologischen Gründen ist nun widerspruchsloser mit den
Erfahrungen diejenige Anschauung zu vereinigen, welche die
ersteren abhängig denkt von den letzteren, die auf die Seele
bezogenen abhängig von den auf die räumliche Substanz
bezogenen psychischen Erscheinungen. Wer diese Lösung
materialistisch nennt, hat allerdings recht, die oben ent¬
wickelten Anschauungen als materialistisch zu charakterisieren ;
er muss aber, wenn sein Blick nicht durch metaphysische
Dogmen getrübt ist, offen hinzufügen: die Psychophysik wird
in diesem Sinne materialistisch sein, oder sie wird überhaupt.
nicht sein.