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denjenigen, welche zwar auch physikalisch-chemische Wirkung ver¬
änderter Existenzbedingungen sind, dagegen ihrerseits nicht Ursache
werden zur Erhaltung des Geschöpfes. Wenn Semper auch selbst
in seinen Beispielen nicht so weit geht, so hindert doch kein Wort
seines Buches, Umbildungen wie Fettablagerung nach reichlicher
Nahrung oder Krankheit etc. mit Haeckel als Anpassung zu bezeichnen,
was offenbar nicht in Sempers Sinne liegt.
Natürlich ist für die Aufgabe aller dieser Bücher jener Be¬
deutungswandel des Begriffes völlig gleichgiltig; denn, wo es nur
gilt, die bisher erkannten Kausalzusammenhänge darzustellen, da
wäre es müßig zu. streiten, oh man alle, durch die Existenz¬
bedingungen bewirkten Veränderungen unter der Überschrift An¬
passung zusammenfassen soll, oder nur die bei der Fortwirkung
der Bedingungen dem Individuum und der Art nützlichen. Die
Darstellung des schon Erkannten ist aber nur untergeordnete Auf¬
gabe; viel wichtiger ist die Weiterforschung, und für diese ist es
ein entschieden wertvolles Hilfsmittel, wenn sie mit einem Begriff
operieren kann, unter den die Umbildungen der einen Art und
nicht die der andern fallen. Hat die Forschung erst festgestellt,
ob eine Eigentümlichkeit irgend einer Existenzbedingung gegenüber
für das Individuum nützlich ist, so wird sie wahrscheinlich auf
richtigem Wege gehen, wenn sie nun zwischen der Eigentümlichkeit
und der betreffenden Bedingung einen direkten oder indirekten
Kausalzusammenhang sucht. Die Erkennung des Nutzens ist also
für die moderne Wissenschaft ein unerläßlicher Fingerzeig auf die
kausale Erklärung. Eben deshalb aber ist es notwendig, die Gruppe
der nützlichen Umgestaltungen auch begrifflich zu methodischen
Zwecken zu fixieren. Der Name ist dabei natürlich gleichgiltig;
aber da dieser Begriff das gemeinsame alles dessen bildet, was die
verschiedenen Forscher unter Anpassung verstehen, und nichts
gegen dieses Wort spricht, so ist es geraten, an diesem Wort für
den Begriff festzuhalten und mithin als Anpassung nur dieses und
nichts anderes zu bezeichnen.
Ohne dem Begriff der Adaption eine neue Seite abzugewinnen,
hat Moritz Wagner die Anpassungslehre wesentlich modifiziert.1)
Er acceptiert ohne Diskussion die durch Darwin in allgemeinen
Umrissen geläufige aber nirgends scharf abgegrenzte Auffassung,
r) Wagner, Darwinsche Theorie und das Migrationsgesetz der Or¬
ganismen. 1868,