88
Wachstum.
1000 Zellen bloß dreimal so groß als am Anfang (Warburg
1912-1913). Freilich handelt es sich hier wieder nicht um
eigentliche Wachstums-, sondern um Differenzierungsvorgänge
mit Wechsel chemischer Prozesse.
Überhaupt wurde gegen die Auffassung der Wachstums¬
kurve als Autokatalyse eingewendet, daß es sich hiebei ja nicht
um einen einheitlichen chemischen Prozeß handelt Frieden¬
thal 1909 Prüfung).
So berechtigt dieser Einwand sein mochte, wenn man wahl¬
los jede Größenzunahme heranzog, so ist doch gegenwärtig nicht
bloß für eine Reihe allgemeiner Stoffwechselprozesse, wie z. B.
die Kohlensäureabspaltung bei der Seidenraupe (L u c i a n i und
Lo Monaco 1897), dem Forellenembryo (Tangl und Farkas
1904) und dem Hühnerembryo (Hasselbalch 1900), sondern
auch für eine ganz bestimmte formbildende Substanz, das Chitin,
bei der Gottesanbeterin der Beweis für die S-förmige Kurve ge¬
liefert (Przibram und Megusar 1912).
Ganz in Übereinstimmung mit den bisher erörterten quan¬
titativen Verhältnissen des Wachstums kann ein einheitlicher
Verlauf der autokatalytischen Kurve nur dann erwartet werden,
wenn nicht eine verschiedene Differenzierung einsetzt. Jede be¬
sondere Differenzierungsperiode bildet für sich eine S-förmige
Kurve, so daß der ganze Verlauf des Wachstums von der eben
befruchteten Eizelle bis zum Tode des Tieres aus einer Reihe
S-förmiger Kurven zusammengesetzt erscheint. Namentlich be¬
zeichnen die Embryonalperiode, die Periode des Überganges zur
Eigenernährung, die Metamorphose, die Reifeperiode, der Zahn-
wrechsel solche Abschnitte.
Aber auch innerhalb eines jeden Wachstums des Kernes
und Plasmas in einer Zelle läßt sich der S-förmige Verlauf
des Wachstums in der Zeit aufiinden, z. B. an der zitierten
Einzelligen Frontonia leucas [III, 1].
Wir haben in der Einleitung erwähnt, daß beim Wachstum
nicht bloß der Zunahme an plasmatischer Substanz und an an¬
organischen festen Stoffen, sondern auch jener an Wasser eine
bedeutende Rolle zugeschrieben wird. In verschiedenen Differen¬
zierungsperioden kann der Wassergehalt selbst ein sehr wechseln¬
der sein, worauf wir gelegentlich der Besprechung des Energie¬
wechsels im Organismus noch zurückkommen wollen. An dieser
Stelle interessiert es uns zunächst, ob der Wassergehalt während