Allgemeine Zusammenfassung.
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Obzwar seit langem bekannt und wiederholt betont worden
ist, daß die Abnahme der Regenerationsgüte im großen und
ganzen der phyletischen Höhe parallel gehe, hat man doch be¬
hauptet, daß keine genaue Übereinstimmung bestehe. Allein die
sorgfältige Nachprüfung der angeblichen Ausnahmsfälle hat keine
als stichhältig erwiesen. (Vgl. § 3 in allen Kapiteln.)
In vielen Fällen sind es äußere Verhältnisse, die eine Un¬
fähigkeit Vortäuschen, so namentlich die bei Formen mit starrer
Leibeswand fast unvermeidliche Infektion (Nematoden, Hirudi-
neen? Kap. IV, Amphioxus Kap. VII), welche das Tier zu¬
grunde richtet oder doch die Regeneration aufhält (Proteus,
Spelerpes fuscus Kap. VIII, Wundheilung beim Menschen!). Hal¬
tung in der Kälte kann ebenfalls stark verzögern (Proteus).
Meistens waren es aber auf unvollständige Versuche oder bloß
gelegentliche Beobachtungen gegründete Angaben, wie jene nega¬
tiven Befunde am Marmelmolche (Triton marmoratus), der im
Gegensätze zu allen übrigen Tritonen nicht oder äußerst schlecht
regenerieren sollte, an einer Gans, die den Oberschnabel nicht
ersetzt hatte usf. (Kap. VIII).
Nirgends findet sich ein Fall, wo eine allgemeinere Stamm¬
gruppe schlechter regenerieren würde als die spezialisierten
Endglieder der Entwicklungsreihen.
Nach dem gegenwärtigen Stande unseres Wissens dürfen
wir uns daher zu dem Schlüsse berechtigt halten:
„Die Régénéra fions fähigkeit ist eine ursprüng¬
lich allgemeine Eigenschaft der Tiere und nimmt
mit der zunehmenden phyletischen Höhe der Tier¬
gruppen im Stammbaume ausnahmslos in der Weise
ab, daß nahe Verwandte durch eine ähnliche Rege¬
nerationsgüte ausgezeichnet sind und die speziali¬
sierten Endzweige weniger regenerieren als ihre
S t a m m grupp en“.
§ 4. Unsere bisherige Übersicht erstreckte sich namentlich
auf die geschlechtsreifen Tiere. Ziehen wir auch die übrigen
Entwicklungsstadien der Ontogenese in Betracht, so finden wir mit
dem Alter des Tieres die Regenerationsgüte immer mehr ab¬
nehmen.
Erinnern wir uns, daß bereits die Eier eine fortwährende
Abnahme ihrer Totipotenz erleiden (vgl. Experimentalzoologie I.