Entwicklungsmechanik der Differenzierung.
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aus, der keine entodermalen Organe mehr enthält. Bei diesen
aus der Eihülle schlüpfenden Ascidienlarven ist dann die früher
mehrschichtige Chordaanlage in eine einreihige Anordnung über¬
gegangen.
Chabry (1887) experimentierte zuerst durch Anstechen mit
feinen Glasnadeln sowie mit anderen komplizierteren Instrumenten
an Ascidiella aspersa. Wurde eine Blastomere des Zweizellen¬
stadiums durch Anstich getötet, so lieferte die andere trotzdem
einen kleinen Embryo, der im allgemeinen die Form eines ganzen
aufwies, dem aber einzelne Organe, wie Auge, Otolith, Haft¬
papillen fehlen konnten [XIV, 8]. Der Deutung dieser Gebilde
als „Halbbildungen“ trat Driesch entgegen, da ja nicht etwa die
rechte oder linke, vordere oder hintere Hälfte des Embryos fehle,
sondern bloß einzelne Organe untergeordneter Bedeutung. Driesch
(18951) prüfte die Versuche an Phallusia mammillata nach und
fand, daß keine Beziehung der Schädigung eines bestimmten
Blastomeres zu den auftretenden Defekten stattfand [XIV, 9].
Zudem war die Furchung meist von vornherein die einer ver¬
kleinerten Ganzfurchung, nicht eine offene Bruchstückfurchung;
in jedem Falle ist der achtzellige Haufen, dann die Morula
kompakt und die Gastrula eine typische Gastrula (keine Semi-
gastrula). Der Embryo besitzt wie normal eine mehrschichtige,
später einschichtig werdende Chorda. „Ein Augenfleck ist fast
stets da, ein Otolith sehr selten, beide bleiben jedoch im Ver¬
gleiche zu Bildungen normaler Larven gleichsam rudimentär,
Haftpapillen werden ebenfalls höchst selten und auch dann meist
in der Einzahl, selten in der normalen Dreizahl beobachtet.“
Driesch führt die Defekte auf allgemeine Schädigung bei der
Operation, die in Zuschneiden oder Schütteln bestand, zurück
und erzielte ganz dieselben Defekte, wenn er die normalen ganzen
Eier einige Zeit dem direkten Sonnenlichte aussetzte oder deren
sehr viele in ein kleines Glas mit verunreinigtem Wasser brachte.
Crampton (1897) stimmt nach Versuchen an Molgula manhatten-
sis der Deutung Drieschs zu.
Allein Conklin (19051-3, 1906) konnte nicht nur an Cynthia
(Styela) partita und Molgula manhattensis eine typische „ Mosaik“-
Entwicklung feststellen, sondern sah auch keine spätere Regulation
der aus oder i-Embryonen gezogenen Halb- respektive Viertel¬
larven zu Ganzbildungen eintreten. Es scheint daher Chabry recht
zu behalten.