Vortrag des Soterichos.
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denn in der Begleitung gebrauchen sie die Nete synemmenon («) als
diaphonischen Accordton zur Paranete (q, Secondé) und zur Parhypate
(c, Sexte), und als symphonischen Accordton zur Mese (e, Quarte) und
zur Lichanos (, Quinte):
Begleitungston.
Melodieton.
doch wenn ihn einer als Melodieton angewandt hätte, über den würde
man sich wegen des durch diesen Ton bewirkten Ethos geschämt
haben. Auch die Phrygischen Compositionen beweisen, dass jener
Ton (die Nete synemmenon a) dem Olympus und seinen Nachfolgern
nicht unbekannt war, denn sie wandten ihn nicht blos in der Beglei¬
tung an, sondern gebrauchten ihn in den Metroa und einigen anderen
Phrygischen Compositionen auch für die Melodie.
Auch in Beziehung auf die Töne des Hypaton - Tetrachordes
Hypaton
Hyp. Parh. Lieh. I Hyp. Parh. Lieh. Mese Param. Trite Paran. Nete
H c d J e /* g a h. c d e
ist es klar, dass man sich dieses Tetrachordes für die dorischen Com¬
positionen nicht aus Unkenntniss enthielt, denn bei den übrigen Ton¬
arten verwandte man dieselben, sicherlich also kannte man sie, aber
aus sorgsamer Scheu für das Ethos enthielt man sich derselben bei der
dorischen Tonart, vor deren characteristischer Schönheit man Ehr¬
furcht trug.
Etwas Aehnliches findet sich auch bei den Tragödien-Compo-
nisten. Das chromatische Tongeschlecht und der dazu gehörige Rhyth¬
mus wird nämlich bis jetzt von der Tragödie noch nicht angewandt,
[wohl aber die Enharmonik], während es doch in der Kitharistik,
obwohl diese um viele Menschenalter älter ist, von Anfang an ge¬
braucht wurde. Dass aber das Chroma älter ist als die Enharmonik,
steht fest ,• freilich muss man den Ausdruck „älter“ im Hinblicke auf die
Beanlagung der menschlichen Stimme und auf die Anwendung ge¬
brauchen, denn was das Wesen der Tongeschlechter an sich betrifft,
so ist keines älter als das andere. Wer also sagen will, Aeschylus
und Phrynichus hätten sich deshalb des Chromas enthalten, weil sie
dasselbe noch nicht gekannt hätten, wird der nicht thöricht sein?
Eben derselbe wird auch sagen können, dass auch Pankraffes das
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