Einleitung.
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beachten, indem, zur Vervielfältigung der Zeichen, diese auf vier
Linien, wie Musik-Noten, gesetzt werden. Sténographie, par
Clément, u. s. w.) — Seitdem haben meine Arbeiten hierüber
mit denen über Akustik und Phonetik, wie schon er¬
wähnt, ruhig in ihrem Schranke gelegen. Erst jetzt ein halbes
Jahrhundert später, nehme ich sie wieder vor. Staunen würde
gewiss der Leser, wenn er die zahlreichen, dicken Hefte, die
vielen Schemata, die umfassenden Betrachtungen über die älteren
und neueren europäischen und fremden Schrittweisen, über die
heutigen Schreibmaterialien, die Feder, ihre Haltung, ihren
Schnitt für verschiedene Hände u. s. w. sehen könnte.
Jetzt blicke ich selbst darauf, wie leicht begreiflich, mit einer
Art von Wehmuth, und wünsche wenigstens noch Einiges da¬
von zu retten. Durch diese jugendlichen Arbeiten habe ich
aber doch Eins gewonnen, was im Leben nicht ohne Werth ist.
Das ist, in meinem hohen Alter, eine regelmässige, deutliche
Handschrift, wie sie zur Zeit, namentlich seit Einführung der
Stahlfedern und der sogenannten englischen Schrift, immer
seltener wird.
Wenn man in den Schulen, oder überhaupt einige Auf¬
merksamkeit den Regeln einer nach Grundsätzen geformten, recht
leserlichen Schrift widmete, so würde man sich selbst und An¬
deren manche Unannehmlichkeiten, wie die zeitraubende Mühe des
Entzifferns, des Errathens, des Zweifels ersparen. Ich besitze
Briefe, welche ich nicht im Stande war, ganz durchzulesen,
auch habe ich höhere Staatsbeamte gekannt, die nach einiger
Zeit das von ihnen selbst Geschriebene mehr errathen als wie¬
der lesen konnten, daher sie auch ihre eigenen Schreibereien da
liegen Hessen, wie ich jene unleserlichen Briefe. Hätten sie
früher die graphischen Regeln sich, wenn auch nur einigermassen,
angeeignet, so wären sie nicht so leicht in solche verdriessliche
Hierogiyphik verfallen. Ebenso, wie man im Schlafrock nicht
öffentlich erscheinen will, so müsste man auch nicht mit einer
Schrift hervortreten, die für die Gedanken keinen besseren An¬
zug bildet.
Meinem Unmuth hierüber habe ich schon längst bei Ge¬
legenheit des Grund-Unterrichtes im Werke: Staatswesen
und Menschenbildung freien Lauf gelassen. So heisst es da¬
selbst (im 2. Bande, pag. 282):