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Zungen.
haben sie die Aufgabe, durch intermittirende Stösse Verdichtungs¬
und Verdünnungswellen zu veranlassen; denn, ob die zur Erzeugung
von Stössen erforderlichen periodischen Unterbrechungen eines Luft¬
stromes, beziehungsweise das abwechselnde Schliessen und Oeffnen
seiner Passage durch gegenseitiges Annähern und Entfernen der
Lippen, der Stimmbänder, oder der Doppelblättchen des Oboe- oder
Fagottröhrchens, oder ob die Unterbrechungen durch Aufschlagen
und Zurückschwingen, oder durch Abschluss des Luftweges bei
jedesmaligem Durchschwingen bewirkt werden, — die Wirkung
bleibt im Grunde dieselbe.
Gleichwohl finden zwischen der Luftzunge und Zungen aus
festen Stoffen wesentliche Unterschiede statt. Einer derselben beruht
darin, dass die Zungen Klangerreger sind, die mehr oder weniger
ihren bestimmten Eigenton haben, während die Luftzunge nur Rei¬
bungsgeräusche hervorzubringen vermag, dass mithin, um tönende
Impulse hervorzurufen, die Luftzunge des Resonanzrohres bedarf,
während Zungen von materieller Beschaffenheit durch solche Röhren
nur eine klangliche Ausbildung und Verstärkung ihres eigenen Tones
erfahren, aber unter Umständen dieses Mittel auch ganz ent¬
behren können, wie bei der Physharmonika, dem Harmonium, der
Zieh- und Mundharmonika u. s. w.
Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass die Luftzunge nur
die Resonanz-, beziehungsweise Aliquottöne der Luftsäule der Röhre
hervorrufen kann, und in ihren Schwingungen von dem Tempo des
jeweiligen Rohrtones abhängig ist, während die, vermöge ihrer Materie
mehr oder weniger starre und unnachgiebige Metall- und Holzzunge
durch Resonanzröhren innerhalb gewisser Grenzen in ihren Eigen¬
schwingungen wenig und nur im hemmenden Sinne beeinflusst werden
kann. Die Schwingungen der Lippen accommodiren sich jener des
Rohrtones.
Scheiden wir die Zungeninstrumente in zwei Hauptgruppen:
nämlich eine solche, wo jede Zunge zur Hervorbringung stets nur
eines und desselben Tones bestimmt ist, und in solche, wo zur
Hervorbringung aller, dem Umfange des Instrumentes entsprechenden
Töne eine und dieselbe Zunge zu dienen hat, wie solches bei den
Blasinstrumenten der Fall ist, so werden wir sie am zweckmässigsten
in der Reihenfolge betrachten, dass wir mit jenen Gattungen beginnen,