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Siebenter Abschnitt
kommt und wobei der Bläser die gewölbte Hand in den Schallbecher
mehr oder weniger weit einführt. Diese Art der Tonerniedrigung
spielte vor der Verwendung der Ventilvorrichtung durch Stölzel
(1814)*) zur Ergänzung der fehlenden Töne der Skala eine große
Rolle. Um ein allzu häufiges Stopfen zu vermeiden, änderte man
durch sogenannten Aufsatz- oder Einsatzbogen die Grundstimmung
des Instrumentes. Die Aufsatz- und Einsatzbogen werden trotz
der Ventile auch heute noch benutzt, auch das Stopfen wird noch
angewandt, aber nur, um eine besonders beabsichtigte, dumpfe
Klangfarbe hervorzurufen.
6. Klänge der Vokale
Der menschliche Stimmapparat ist das komplizierteste und modu¬
lationsfähigste Instrument. Zur Tonbildung dient, von der Re¬
sonanz der Mund-, Nasen- und Rachenhöhlen zunächst abgesehen,
der Kehlkopf, ein aus Knorpeln, Muskeln und Bändern bestehendes
Gebilde. Der untere Teil des Kehlkopfes wird von dem Grund-
oder Ringknorpel (Cartilago cricoidea, Fig. 30 und 31 R) gebildet,
der vorn schmal, nach hinten bis zur vierfachen Höhe ansteigt und
— als einziger im ganzen Stimmapparat — ganz ringförmig ge¬
schlossen ist. Er weist an den beiden Seiten außen zwei Gruben
auf, in denen gleichsam wie in Gelenken der Spann - oder Schild-
knorpel S (Cartilago thyreoidea) mit zwei kleinen Zäpfchen, den
unteren Hörnern (/z), ruht, und um die als Drehpunkt er seine auf-
und absteigende Bewegung ausführt. Er besteht aus zwei nach
außen gewölbten Platten, die vorn unter einem Winkel von 90—120°
Zusammenstößen und ihm die charakteristische Form des „Adams¬
apfels“ geben, dessen Bewegung beim Schlucken, Sprechen und
Singen vorn am Halse sichtbar wird. An den inneren Wandungen
dieser beiden Hauptknorpel sind die sogenannten echten Stimm¬
bänder oder besser Stimmlippen eingespannt — es sind häutige,
faserige Wülste, keine Bänder im eigentlichen Sinne —, die in der
Mitte vorgeschoben und dünn gespannt werden, aber auch an die
*) Gebaut wurde das erste Ventilhorn 1830 von C. A. Müller in Mainz.