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[Zeitschr. f. Sinnesphysiologie XLVII. 192]
(Ans dem psychologischen Institut der Universität zu Berlin.)
Experimentelle Untersuchungen zur Bezoldschen
Sprachsext.
Von
Waltee Feankfubtheb und Rudolf Thiele.
Nachdem Helmholtz und seine Vorgänger die Vokale ihrer
Tonhöhe nach bestimmten Stellen des Tonbereiches zugeordnet
hatten, nachdem dann Oskab Wolff und später Hebmann ver¬
sucht hatten, auch für die Konsonanten fest umschriebene Strecken
der Tonskala zu bestimmen, mufste die Frage nahe liegen, ob
denn für das Verständnis der menschlichen Sprache, soweit es
rein akustisch bedingt ist, die ganze Hörstrecke, welche die fest¬
gestellten Eigentöne der Sprachlaute umfafst, erforderlich sei,
oder ob gröfsere Teile derselben ausfallen könnten, ohne dafs
diese wichtigste Tätigkeit des menschlichen Gehörorgans beein¬
trächtigt wird. Die physiologische Herabsetzung der oberen
Hörgrenze im Alter läfst das von jenen Autoren festgestellte
Gebiet frei und verläuft denn auch, in völliger Übereinstimmung
mit den theoretischen Feststellungen, ohne Schädigung des Sprach¬
verständnisses. Erheblichere Einengungen des Hörbereiches oder
Unterbrechungen der Kontinuität der Hörstrecke, sogenannte
Tonlücken, finden sich nur bei unvollständig Taubstummen, d. h.
bei Personen, die auf Grund noch vorhandener Hörreste Ge¬
hör für Vokale und einzelne Worte, in seltenen Fällen sogar
für kurze Sätze besitzen, deren Hörfähigkeit aber den Forderungen
des menschlichen Verkehrs, wenigstens ohne weitere Ausbildung,
nicht genügt. An solchen Personen mufste es sich also zeigen,
welche Teile der Skala für das Verständnis der Sprache notwendig,