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C. Stumpf.
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sind hier ausschlaggebend und lassen uns die Unreinheiten ent¬
weder ganz überhören oder absichtlich ignorieren. Weil die
Konkordanz von vornherein eine beziehende Tätigkeit vor¬
aussetzt, ist diese in unserem Musikhören zu einer außerordent¬
lichen Virtuosität entwickelt. Das ist auch für die Theorie des
musikalischen Gefühles von grofser Wichtigkeit. Denn man er¬
kennt daran ohne weiteres, wie sehr auch unser Wohlgefallen
und Mifsfallen sich von den rein sinnlichen Faktoren (Schwe¬
bungen u. dergl.) zu emanzipieren vermag.
Auf einige besondere Fälle will ich noch kurz eingehen,
um die Anwendung der Begriffe zu erläutern.
Der Neben dreiklang d:f:a in O-dur ist der Rechnung nach
ein Diskord, da das a der U-Leiter als Terz von f nicht die
reine Quinte von d ist. c : a = 27 : 40. Der Akkord hat also
rechnerisch eben keine Quinte, aber er wird durch die Auf¬
fassung legitimiert, wie tausend andere nicht ganz reine Drei¬
klänge, die wir zu hören bekommen. Wir fassen ihn als genau
so konkordant wie e : g :h, indem er als Nebendreiklang ver¬
standen und die kleine Unreinheit seiner Quinte überhört oder
ignoriert wird. Auf dem Klavier sind ja ohnedies alle Quinten
gleich unrein und unterscheidet sich diese Quinte in nichts von
der des Grunddreiklanges. Gerade durch den Gebrauch der
temperierten Instrumente ist die Auffassung dieses Dreiklanges
im Sinne des Konkordes vollends durchgedrungen.
Als Nebendreiklang in C-dur tritt dieser Akkord beispielsweise in
folgenden harmonischen Gängen auf:
Allerdings kann der Akkord d:f:a in solchen Fällen, wo er durch Ver¬
mittlung des Dominantakkords nach C zurückführt, immer auch als aus
dem Quintsextakkord entstanden gedacht werden, dessen Quinte (c) elidiert
und dessen hinzugefügter Ton (d) um eine Oktave vertieft ist. Doch wird
bei sequenzartigen Gängen wie den obigen zuerst die Auffassung als Neben¬
dreiklang vorherrschen und nur nachträglich, wenn sich die Kadenz als
solche herausstellt, die Umdeutung eintreten. In beiden Fällen aber, für
beide Auffassungsweisen, ist das Verhältnis d : a kein reines. Denn das