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Karl L. Schaefer.
[Char.-Ann. 658/659]
bekannte, vor einigen Jahren verstorbene Pariser Akustiker und
Instrumentenmacher, der letzteren Gruppe von Tönen besonderes
Interesse zugewandt, und im Anschlufs an seine Versuche ist es
dann in den letzten Dezennien zur Entwicklung einer eigenen
Literatur über diesen Gegenstand gekommen.
Die Unterbrechungstöne entstehen nur unter ganz speziellen
Versuchsbedingungen, sozusagen in Ausnahmefällen. Ihre prak¬
tische Bedeutung ist daher gering. Um so wichtiger sind sie
aber für die Theorie des Hörens geworden, insofern man bis
vor wenigen Jahren ganz allgemein der Ansicht huldigte, dafs
ihre Existenz einen unlösbaren Widerspruch gegen die im übrigen
so plausible, elegante und befriedigende HELMHOLTzsche Reso¬
nanzhypothese bedeute. Wenn eine n-rnal pro Sekunde in regel-
mäfsigen Zeitabständen erfolgende Unterbrechung eines einfachen
Primärtones zu der Wahrnehmung eines sekundären Tones von
der Schwingungszahl n Veranlassung gibt — dies eben ist der
„Unterbrechungston“ —, dann ist damit bewiesen, so argumen¬
tierte man, dafs die blofse Zerlegung eines Tones in periodische
Abschnitte die Ursache einer neuen Tonempfindung werden kann,
während der Resonanzhypothese zufolge das Ohr lediglich solche
Töne wahrzunehmen vermag, welche als physikalische Kompo¬
nenten, in Form von Pendelschwingungen, in der die Basilar-
membran von aufsen her treffenden Klangwelle enthalten sind.
So hat schon im Jahre 1876 Rudolf Koenio in seiner Abhand¬
lung „Über den Zusammenklang zweier Töne“ 1 auf Grund von
Experimenten die Behauptung auf gestellt, dafs periodische Inter¬
mittenzen eines Tones bei genügender Frequenz und Stärke
ganz ebenso wie primäre Impulse in einen Ton übergingen ; es
wären dazu nicht einmal vollständige Pausen nötig, vielmehr
genüge schon ein gleichförmiges Auf- und Abschwanken der
Intensität des primären Tones, um die Wahrnehmung eines
„Intermittenztones“ hervorzurufen. Ganz ähnlich hat sich L. Her¬
mann später geäufsert, der bekanntlich seine Vokaltheorie in Be¬
ziehung zu den Unterbrechungstönen bringt.2 Ein Vokal ist
nach Hermann nur ein intermittierender oder oszillierender Mund“
ton; erfolgt die Oszillation beispielsweise 131 mal in der Sekunde,
1 Foggendorffs Annalen 157, S. 177 ff.
2 Vgl. die verschiedenen Abhandlungen Hermanns zur Lehre von den
Vokalen in Pflügers Archiv 45 ff.