[Char.-Ann. 658]
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Über Variations- und Unterbrechungstöne in ihrer
Beziehung zur Theorie des Hörens.1
Von
Karl L. Schaefer.
Die Variationstöne und die Intermittenz- oder
Unterbrechungstöne fallen in jenes Gebiet der physio¬
logischen Akustik, welches ich in meinem Artikel „Gehörssinn“
in Nagels Handbuch der Physiologie 2 als das der sekundären
Klangerscheinungen bezeichnet habe. Es sind darunter
diejenigen akustischen Phänomene zu verstehen, welche beim
Zusammenklang zweier (oder mehrerer) einfacher Töne neben
letzteren, den sogenannten Primärtönen, eben als Folge von deren
Zusammenwirken, also sekundär, auf treten. Zu den sekundären
Klangerscheinungen gehören aufser den hier in Rede stehenden
Tönen noch die Schwebungen sowie die Kombinations¬
töne, welche ihrerseits wieder in die Unterabteilungen Sum¬
mations- und Differenztöne zerfallen.
In den grundlegenden und bahnbrechenden akustischen
Untersuchungen, die Helmholtz in seinem klassischen Werke
„Lehre von den Tonempfindungen“ niedergelegt hat, sind zwar
die Schwebungen und Kombinationstöne soweit behandelt, als
sie dem grofsen Forscher für das Verständnis der Tatsachen
des Hörens und namentlich für die Theorie der Konsonanz und
Dissonanz wichtig erschienen, die Variationstöne aber nur ge¬
legentlich gestreift und die Unterbrechungstöne ganz unbeachtet
gelassen worden. Dagegen hat Rudolf Koenig, der rühmlichst
1 Aus den Charité - Annalen, 34. Jahrgang (Jubiläumsband), 1910, ab¬
gedruckt.
2 Band III. Braunschweig 1905.
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