Akustische Untersuchungen. I.
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— damit kommen wir auf die Akkommodationsfrage zurück —
es ist für Richtung und Betrag des Zuwachses völlig gleichgültig,
ob der hinzukommende Ton über oder unter dem ersten liegt,
der Betrag zeigt sich vielmehr wieder nur von der Intensität
abhängig und ist immer positiv, nach jener Hypothese müfste
er in einem Falle positiv, im anderen negativ sein. Wenigstens
sollte man denken, dafs sich der Tensor, einmal dazu bestimmt,
das Trommelfell qualitativ zu akkommodieren, für eine Mittel¬
stellung entscheide, wenn man ihm mit zwei gleichzeitigen Tönen
kommt. In welche Verlegenheit aber müfste er geraten, sobald
der eine aus der Subkontra-, der andere aus der fünfgestrichenen
Oktave gewählt wird, oder vollends, wenn der reichhaltige Akkord
eines modernen Orchesters mit Eigentönen des Trommelfells ver¬
sorgt sein will!
Ob der Reflex überhaupt für verschieden hohe Töne bei
gleicher Intensität irgend verschieden ausfällt, darüber können
wir eine endgültige Entscheidung noch nicht geben, weil das
Desiderat aller Akustiker, ein Instrument, das die Skala reiner
Töne in mefsbaren Stärken herzustellen erlaubt, vorläufig noch
Desiderat ist und bleiben wird. Beobachtet wurde bisher vom
Anfang der kleinen bis zu dem der fünfgestrichenen Oktave.
Wenn Unterschiede vorhanden sind, beschränken sie sich auf eine
geringe Abnahme der Tensorbewegung bei den höchsten Tönen,
aber die waren zwar unangenehm, doch (mit der Galtonpfeife)
nicht so laut zu bekommen, wie die der mittleren und tiefen
Regionen. Was helfen übrigens subjektive Abschätzungen objek¬
tiver Intensitäten in einem Falle, wo vielleicht die letzteren durch
die Wirksamkeit eben des Tensors für den Urteilenden modi¬
fiziert werden? Als sehr wahrscheinlich kann indessen gelten,
dafs in den mittleren Oktaven die Reflexgröfse überhaupt
nicht Funktion der Tonhöhe ist. Wenn frühere Autoren an¬
geben, die Vokale a e i o u erzielten in dieser Reihenfolge
bei gleicher Tonhöhe (?) und Stärke immer schwächere Reaktionen,
so dürften wohl doch Intensitätsunterschiede zur Erklärung
heranzuziehen sein (vgl. Stumpe, „Tonpsychologie“ II, S. 299f.).
Wir können nichts davon bemerken, wenn wdr uns Mühe geben,
die Vokale gleich stark zu singen oder zu sprechen. Aufserdem
würde die Akkommodationstheorie mit einer solchen Tatsache
nichts anfangen können; denn die charakteristischen Tonhöhen
der Vokale, auf die es doch wohl abgesehen ist, liegen, wie sich