lieber die Unterschiedsempfindlichkeit für Tonhöhen.
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Wenn es sich um kleinste, eben merkliche Empfindungs-
Unterschiede handelt, kann entweder gefragt werden, ob ein
Unterschied in bestimmter Hinsicht überhaupt bemerkt wird
(Methode der eben merklichen Unterschiede oder der Minimal¬
änderungen), oder ausserdem noch, in welcher Richtung der
Unterschied liegt, hier also, ob der zweite Ton höher oder
tiefer ist (Methode der richtigen und falschen Fälle). Die im
Folgenden dargestellten Ergebnisse sind vermittelst der zweiten
Methode gewonnen. Die Nachtheile der ersteren gegenüber
der zweiten werden nach dem Bericht über die sachlichen Er¬
gebnisse dargelegt werden.
Hauptversuchsperson war Professor Stumpf. Die Versuche mit
dem Tone 600 wurden ausserdem noch mit einer Anzahl anderer,
sämmtlich hervorragend musikalischer Personen gemacht. Dass die
Versuchspersonen musikalisch waren, bedarf kaum der Recht¬
fertigung. Solche Personen bringen bereits eine erhebliche
Uebung mit, die andere im Verlauf der Versuche sich erst er
werben müssen, und man darf zugleich bei Musikalischen eine
grössere Fähigkeit der Vertiefung, der Konzentration und des
dauernden Interesses an so langwierigen Versuchsreihen über
feinste Unterschiede im Tongebiet voraussetzen — auch hier
natürlich nur dann, wenn zugleich Interesse und Begabung in
allgemein wissenschaftlicher Hinsicht mit den musikalischen Fähig¬
keiten verknüpft ist.
Zur Tonerzeugung wurden Stimmgabeln benutzt. Die Ton¬
höhenänderung der Gabeln wurde nicht durch Verschiebung
von Laufgewichten bewirkt, da es darauf ankam, die Gabeln
auf die angewandten Verstimmungen möglichst genau ein¬
zustellen. Die eine Zinke jeder veränderlichen Gabel wurde —
je nach der Grösse der Gabel — 1,5 bis 3,5 cm tief angebohrt
und eine entsprechend lange, durch eine Gegenmutter feststell¬
bare Stahlschraube eingesetzt, die bei der Gabel 1200 hohl,
bei den übrigen massiv war und bei 100 einen schweren, bei
200 einen etwas leichteren Messingkopf als Belastung trug.
Durch Einstellung der Schraube auf einen bestimmten Punkt
liess sich die jedesmal gewünschte Tonhöhe ohne grosse Mühe
mit hinreichender Genauigkeit hersteilen.
Um den Nullpunkt zu bestimmen, darf man sich nicht mit
dem Fortfall bemerkbarer Schwebungen begnügen, sondern muss
auch um gleichviel (etwa 3 Windungen der Schraube) nach der
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